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MäzenatentumKunstmuseum Bonn: Geschenk eines leidenschaftlichen Grafikverlegers

Der Galerist und Grafikverleger Clemens Fahnemann übereignet dem Kunstmuseum Bonn alle seine Künstler-Editionen. Damit kann das Bonner Haus neue, ganze Künstlerräume bespielen und Lücken schließen.Christiane Fricke 10.11.2022 - 13:05 Uhr Artikel anhören

Der 1982 entstandene Siebdruck in sechs Farben erschien in einer Auflage von 50 Exemplaren.

Foto: K.H. Hödicke; Galerie Fahnemann

Düsseldorf. Du bist sicher der Fahnemann – Siebdrucke finde ich uninteressant.“ Mit diesen Worten machte der Künstler A. R. Penck alle Hoffnungen auf eine Zusammenarbeit mit dem Grafikverleger zunichte. Den Schock habe er jedoch schnell verarbeitet, erinnert sich Clemens Fahnemann vier Jahrzehnte später. „Ich warf mich auf den Boden, wie damals mein dreijähriger Sohn Jonas es in seiner Trotzphase gemacht hat und habe sonst noch alles Mögliche angestellt. „Es ist ja gut“, soll Penck daraufhin gemeint haben. „Wann sollen wir anfangen?“

Clemens Fahnemann zieht die Bilanz seines Lebens. Er war Künstler, Galerist und Grafikverleger; aber auch Strippenzieher in Berlin, mit einem guten Draht zum Berliner Senat. Wegweisende Ausstellungen von Harald Szeemann, Heiner Bastian und Christos M. Joachimides wären ohne seine hartnäckige Fürsprache nicht zu Stande gekommen. Markante Spuren hinterließ er insbesondere auch im Kupferstichkabinett, nicht zuletzt in seiner Funktion als Gründungsmitglied des Freundeskreises.

Aber nun darf der 74-Jährige sich in Bonn feiern lassen. Dem kommunalen Kunstmuseum hat er in diesem Jahr die Früchte seines gesamten verlegerischen Schaffens geschenkt: über 120 großformatige Arbeiten von 30 deutschen und internationalen Künstlerinnen und Künstlern, über 200 Blätter insgesamt. Am 20. November wird eine erste Übersichtsausstellung in der Dauerausstellung eröffnet; in Petersburger Hängung und mit vielen Vitrinen für Dokumente und Zeitzeugnisse.

„Eine tolle und ungewöhnliche Schenkung“, kommentiert Barbara Scheuermann, Kuratorin für Gegenwartskunst und Sammlungsleiterin Grafik und Medienkunst, auf Nachfrage. „Wir können damit in Zukunft neue, ganze Künstlerräume einrichten.“

Allein die Siebdruck-Serie „Rot Gelb Blau“, mit der Imi Knoebel am Heiligenschein von Barnett Newmans einflussreichem Gemälde „Who’s Afraid of Red, Yellow and Blue“ kratzte, umfasst 54 Teile. Auf alle Wände seines Standes gehängt war sie Fahnemanns Paradestück auf der Kunstmesse Art Cologne 1995. Kostenpunkt damals 40.000 D-Mark.

Die New Yorker Konzeptkünstlerin widmete der als seelenverwandt empfundenen Japanerin Yayoi Kusama eine Hommage in Gestalt von vier großformatigen Drucken.

Foto: Jessica Diamond; Galerie Fahnemann

Fahnemanns Lebenswerk passt perfekt ins Kunstmuseum Bonn, die erste Adresse für in Deutschland entstandene Kunst, mit Schwerpunkt auf Malerei, zeitbasierten Medien und einer noch im Aufbau befindlichen zeitgenössischen Fotosammlung. Das Profil ist längst international, mit besonderem Fokus auf Künstlerräumen und größeren Werkgruppen. Bereits die Ankaufs- und Ausstellungspolitik von Dierk Stemmler, der 1976 als Direktor antrat, ging in diese Richtung.

Knoebel, Penck oder Günther Förg sind in Bonn natürlich keine Unbekannten. Doch mit der Künstlerriege der „Neuen Wilden“, mit Elvira Bach, Luciano Castelli, Rainer Fetting und Helmut Middendorf kann das Kunstmuseum nun reguläre Lücken schließen. Außerdem ist es in der Lage, mit Werkfolgen von Bach und Jessica Diamond endlich auch Künstlerinnenräume einrichten zu können.

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Scheuermann schätzt den Wert der Schenkung auf einen tiefen sechsstelligen Betrag. Das erscheint überschaubar. Mit 1,7 Millionen D-Mark wurde 2000 der Wert der Sammlung Welle beziffert, deren Aufbau Fahnemann über die Jahre begleitete und die auf seine Anregung hin dem Kupferstichkabinett geschenkt wurde.

Heute bewegen sich die Preise für Grafik auf deutlich niedrigerem Niveau. Das letzte Hoch verzeichnete der Galerist 2004, als er für die „KunstKöln“-Messe den „Edition Point“ kuratierte. Damals entstanden noch bedeutende Editionen. „Aber die Nachfrage sinkt dramatisch“, gab Fahnemann dem Handelsblatt gegenüber zu Protokoll. Die Fotografie habe die Edition in weiten Bereichen abgelöst. 2008 wurde diese Talfahrt durch die Finanzkrise noch einmal verstärkt.

Clemens Fahnemann lag sehr daran, Penck für eine Zusammenarbeit zu gewinnen. Aber dem stand die Bindung an die Galerie Werner entgegen. Penck ließ sich schließlich doch noch erweichen und erklärte seinem Galeristen, dass er einmal im Jahr auf „Schwarzarbeit“ zu gehen gedenke, nämlich für ein grafisches Vorhaben bei dem Berliner Kollegen, und Werner erklärte sich einverstanden.

Foto: Galerie Fahnemann

In welcher Größenordnung sich der Preisverfall abspielen kann, zeigt das Beispiel von Frank Stellas Edition „Illustrations after El Lissitzky‘s Had Gadya“, die Fahnemann 1988 mit Geldern des Berliner Senats für 460.000 D-Mark für das Kupferstichkabinett erwerben konnte. „Das war mein größter Coup“, erinnert sich Fahnemann.

Das Kupferstichkabinett sei zu der Zeit das einzige Museum gewesen, das diese Serie erwerben konnte, ergänzt Fahnemann. Bei Erscheinen seien alle restlichen 59 Exemplare in private Sammlungen vermittelt worden. Heute wird das Konvolut bereits bei 8000 bis 9000 Dollar gehandelt.

Privatsammlung

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Zum Schluss sei noch auf ein Detail hingewiesen, das so nicht öffentlich kommuniziert wird. Die Schenkung geht eigentlich nicht ans Kunstmuseum, sondern an die vor wenigen Jahren gegründete „Förderstiftung Freunde des Kunstmuseums Bonn“. Natürlich ist damit eine steuerliche Vergünstigung verbunden, was recht und billig ist.

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Darauf angesprochen geht Museumsdirektor Stephan Berg jedoch nicht explizit ein. Wichtiger ist ihm der Hinweis darauf, dass das Konvolut dadurch Eigentum der Stiftung wird und so dem Zugriff der Stadt – nicht des Museums – entzogen ist; „für den unwahrscheinlichen Fall, dass die Stadt einmal so in Finanznöte geraten würde, dass sie Kunstbestände ihres städtischen Museums veräußern müsste“, erklärt Berg. Dies sei durch die Stiftungskonstruktion dauerhaft verhindert.

„Schöpferisches Miteinander. Die Grafik-Editionen von Clemens Fahnemann“, Kunstmuseum Bonn, 22.11.2022 bis 26.3.2023. Es erscheint ein Katalog.

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