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MäzenatentumPrivate Schenkung verjüngt die Sammlung des Lenbachhauses

Der ehemalige Galerist Jörg Johnen hat dem Lenbachhaus einen Teil seiner privaten Kunstsammlung geschenkt. Damit bereichert er das Museum um bislang unterrepräsentierte, zeitgenössische Kunstwerke.Sabine Spindler 03.09.2023 - 12:44 Uhr Artikel anhören

Humorvoll und skurril spielt diese Stoffskulptur von 2006 auf alltägliche Verhaltensweisen an.

Foto: Städtische Galerie im Lenbachhaus

München. Der polnische Maler Wilhelm Sasnal wird inzwischen von der Großgalerie Hauser & Wirth gehandelt. Er ist bekannt dafür, mit einem breiten Pinselstrich tief in die menschliche Befindlichkeit vorzudringen. So wie auf seinem Gemälde „Drug“ aus dem Jahr 2000. Das Gesicht der dargestellten Person ist übermalt und verhangen.

Das kleine Bild hängt derzeit zusammen mit sieben weiteren Gemälden Sasnals in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus. Die Gruppe ist Teil der Schenkung des ehemaligen Galeristen und Sammlers Jörg Johnen an die Münchner Institution. Bedingungslos und ohne eitle Forderungen bedachte er sie mit rund 60 Kunstwerken von 25 Gegenwartskünstlern. Aktuell sind sie in der Ausstellung „Fragment of an Infinite Discourse/Fragment eines unendlichen Gesprächs“ zu sehen.

Der Titel ist einem Kunstwerk des mexikanischen Konzeptkünstlers Mario Garcia Torres entnommen. Es zeigt drei wie ein Mobile schwebende Plexiglasringe, die sich trotz Positionsveränderungen niemals berühren.

Allein die Werke von Wilhelm Sasnal und Torres machen deutlich, dass Jörg Johnen kein Mann des Mainstreams ist. Der 1948 geborene Kenner ist eher ein Analytiker, den die spielerische Seite der Kunst genauso interessiert wie das Transzendente.

Schon früh interessierte sich Johnen für den intellektuellen Gehalt der rein chromatischen Malerei von Raimer Jochims und für Positionen Osteuropas. Eine tief verletzte Psyche sieht er in den expressiven, an Primitivismus angelehnten Menschendarstellungen des Rumänen Florin Mitroi. Von philosophischem Gehalt sind die organischen Kleinskulpturen der Tschechin Maria Bartuszová.

Das Lehnbachhaus hat mit Johnens Schenkung zum Teil Werke erhalten, die heute für eine städtische Galerie nicht mehr erschwinglich sind, etwa Rodney Grahams fotografisches Diptychon „Fantasie for four Hands“ von 2002. Zugleich bereichert die Kollektion den Bestand des Lenbachhauses um unterrepräsentierte zeitgenössische Positionen.

Die Gabe des ehemaligen Galeristen macht auch deutlich: Die Qualität von Sammlungen zeitgenössischer Kunst in öffentlichen Museen hängt mehr und mehr von privaten Schenkungen ab.

Foto: Städtische Galerie im Lenbachhaus, Huttenlauch

Aus zusammengerollten Naturfasern etwa komponiert der Görlitzer Olaf Holzapfel seine abstrakten Tableaus, die wie wilde Kissen an der Wand hängen. Auch die humorvoll und skurril Alltagsnormen hinterfragende Stoffskulptur „Junior“ der Installationskünstlerin Wiebke Siem reiht sich bestens in das Konzept des Hauses ein. Es will progressive, provokative und zeitkritische Positionen der Gegenwartskunst zusammenzuführen.

Wie Jörg Johnen im Gespräch mit dem Handelsblatt erzählt, waren die Stiftungsabsichten auch Museen in Köln und Berlin bekannt. „Aber Matthias Mühling vom Lenbachhaus hat ganz schnell zugegriffen“. Der 75-Jährige sieht in der Übergabe eines Teils seiner Sammlung an ein Museum durchaus eine Parallele zu seiner Galeristentätigkeit: „Man will für seine Künstler ja immer einen positiven Ort finden, so dass sie in einem guten Kontext weiterhin zugänglich sind.“

Darauf ist in München wohl Verlass. Der zeitgenössische Bestand des Lenbachhauses wird seit vielen Jahren von der KiCo-Stiftung unterstützt. Sie erwirbt für das Museum gezielt Kunstwerke, die das Profil der Sammlung ausbauen.

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Johnens Schenkung ist ohne Frage ein Akt von Mäzenatentum. Aber er macht auch deutlich: Die Qualität von Sammlungen zeitgenössischer Kunst in öffentlichen Museen hängt mehr und mehr von privaten Schenkungen ab.

„Fragment of an Infinite Discourse“, bis Sommer 2024, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, München, www.lenbachhaus.de

Mehr: Privatsammlung KiCo im Lenbachhaus: Wo bleiben die Künstlerinnen?

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