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  4. In München überzeugen zwei Kunst- und Antiquitätenmessen mit qualitätvoller Offerte

Münchner HerbstmessenKunst- und Antiquitätenhandel: Jahrtausende alte Keramik trifft auf Malerei mit Meteoritenstaub

Die zwei Messen in München ergänzen sich perfekt. Von überschaubarer Größe kann man die nahegelegenen Leistungsschauen gut hintereinander besuchen.Susanne Schreiber 19.10.2022 - 10:31 Uhr Artikel anhören

Jahrtausende alte Keramik aus China trifft auf eine Mischtechnik mit koreanischem Maulbeerpapier von Kwang Young Chun. Das "Aggregation 001-se081" betitelte Werk entstand 2001.

Foto: Beck & Eggeling; Vanderven Oriental Art

München. Die „Highlights. Internationale Kunstmesse München“ wird ihrem Namen endlich wieder gerecht. Die meisten der 53 Aussteller warten diesmal mit einzigartigen Kunstwerken auf, die Sammlerherzen höher schlagen lassen. Nur noch vereinzelt trifft die Flaneurin auf kurante Ware, wie sie Auktionshäuser zuhauf veräußern.

Ein besonders ansprechender Stand ist der Galerie Beck & Eggeling gelungen. Die Düsseldorfer haben sich mit Nyke und Floris Vanderven Oriental Art aus s’Hertogenbosch zusammengetan. Jahrtausende alte Keramik aus China trifft auf eine mit Meteoritenstaub gemalte, dynamische Abstraktion von Ulrike Arnold.

Ungegenständliche, rhythmisierte Werke von Gerhard Hoehme und Günther Uecker treten über Form und Farbe in Dialog mit dem Jaderelief auf einem Tisch-Schirm von Zhang Qian aus dem 18. Jahrhundert. Das grüne Relief, das 195.000 Euro kosten soll, dient der Kontemplation von Natur und Geschichte. In ihm manifestiert sich nichts weniger als der Beginn der Seidenstraße. Ueckers „Aggressive Reihung“ ist mit 320.000 Euro veranschlagt.

Gerhard Hoehme findet sich auch gegenüber beim Kunsthandel Maass mit der Zeichnung „Matriarchat“, die 26.000 Euro kostet. Ein schwarzweißer Rhythmus, der mit den farbigen Kleinformaten von Trökes und Fleischmann aus den 1950er-Jahren kontrastiert.

Martin Moeller hat die neusachliche Zeichnung eines Fahrrades von Karl Hubbuch nach außen gehängt. Das große Blatt, mit 18.000 Euro ausgezeichnet, passt stilistisch bestens zu Konrad Klaphecks „Vollkommener Ehe“ am Stand der Galerie Schwarzer. Klaphecks Gemälde zeigt einen Schuhspanner aus Holz, in eine erotisch zu lesende Position gebogen (340.000 Euro).

Das Porträt eines Herrenfahrrades spiegelt den schnörkellosen Stil der 1920er-Jahre. Zu finden auf dem Stand von Martin Moeller auf der Highlights. Internationale Kunstmesse München 2022.

Foto: Dr. Moeller & Cie

Noldes marktfrisches Gemälde „Mann und Frau“ aus dem Jahr 1921 ist in seiner ikonographischen und koloristischen Raffinesse mit 1,9 Millionen Euro wohl das teuerste Werk der Messe. Es bannt den Messebesucher und zieht ihn in den Stand der Galerie Utermann.

Thole Rotermunds Hauptwerk ist eine kleine, hochbedeutende Bleistiftzeichnung von August Macke. Die Studie zum berühmten Gemälde „Hutladen“ hat der Händler selbstbewusst mit 180.000 Euro ausgepreist. Eine ganze Wand mit Blättern von Mitgliedern des Blauen Reiters und eine subtile Farbabstraktion von Gerhard Richter setzen weitere Akzente.

Fotokunst ist viermal vertreten. Bei der Galerie Springer Berlin reflektiert der Kanadier Edward Burtynsky das Verhältnis von Seehandel und Klimafragen. Im kleineren Format einer Fünferauflage kosten seine vieldeutigen Fotografien 20.000 Euro.

Den aparten Wandbehang mit Tulpen bietet Max Lerch auf der Highlights-Kunstmesse für 12.500 Euro an.

Foto: Max Lerch Teppiche

Es gibt in der Residenz mehr noch viel mehr rare Kunst, die das Staunen lehrt und tolle Geschichten erzählt: Max Lerch überrascht mit einem Jugendstil-Teppich von Aubusson. Der aparte Wandbehang mit gefederten Tulpen liegt bei 12.500 Euro. Alexander Kunkel platziert Max Kaus‘ Porträt seiner Frau Turu mit Geige prominent. Das mit beigemischtem Sand gemalte Porträt wechselt für 95.000 Euro die Hände.

Ein in Boulle-Technik eingelegter kleinerer Sekretär von Nicolas Sageot ist der Augenfänger am schönen Stand von Christian Eduard Franke. Der Bamberger Tophändler erwartet für das Spitzenmöbel aus Messing und Schildpatt 68.500 Euro.

Unerhört modern erscheint bei Brigantine 1900 eine schmale Glasvitrine von Koloman Moser aus Wien. Sie hat abgerundete Ecken, eine auskragende Ablage, besteht aus rot gefärbter Buche und soll 58.000 Euro kosten. Rund 100 Jahre alt und immer noch modern.

Bei Almut Wager drängen sich die Individualistinnen der Preview. Die Münchnerin ist eine der wenigen Expertinnen für historischen Schmuck. Wer ihr bonbonbuntes Collier aus Kameen des 18. Jahrhunderts im Neo-Archäologie-Stil sieht, erkennt, woher heutige Schmuckfabriken die Idee zu Tutti Frutti-buntem Schmuck haben. Für 34.000 Euro ist das Geschmeide samt Kunst- und Kulturgeschichte zu haben.

Fotografie ist auf der Messe an vier Ständen vertreten. Werke des Modefotografen Peter Lindbergh bietet Ira Stehmann an.

Foto: Ira Stehmann

Wie unerhört raffiniert Silber auch im 21. Jahrhundert gestaltet wird, zeigt Christopher Kende an seinem Stand. Die Waliserin Rauni Higson macht aus einer Schöpfkelle eine anziehende Skulptur, zu erwerben für 2600 Euro. Aus einem „Blatt“ Silber kunstvoll gebogen, wird Higsons Kelle zum kunstvollen Objekt auf der Tafel.

Im Entrée der Residenz wartet der Kunsthandel Röbbig mit Meissen-Porzellan vom Feinsten auf; Julius Böhler versammelt weltliche und geistliche Skulptur von Rang. Daneben begeistert der Kunst- und Wunderkammer-Experte Georg Laue mit einer „Kiste“, die es in sich hat.

Ein Werkzeug-Schrank für Reisende

Das derbe Mittelalterwort beschreibt einen zum Sammlerschrank mutierten Reise-Schreibtisch, gefertigt in Augsburg um 1560. Er wird Lienhardt Stromair zugeschrieben. Die beim mobilen Schreibschrank noch benötigten Griffe sind weggefallen. So bot sich dem Kunsthandwerker auf allen Seiten schönste Gelegenheit, aus verschiedenen Hölzern Architekturansichten zu zelebrieren; und zu beweisen, wie perfekt er Perspektiven gestalten konnte.

Hundert Jahre nach ihrer Erfindung in Florenz war die optische Verkürzung immer noch das Mode-Thema unter Intellektuellen und Sammlern. 240.000 Euro veranschlagt Georg Laue für das höfische Möbel, in dem Instrumente und Werkzeuge aufbewahrt wurden.

Es gibt in der Residenz einen Appendix mit junger Kunst von Neuausstellern. Im Gedächtnis bleibt die fein austarierte Solo-Ausstellung, die der Drawing Room aus Hamburg mit Arbeiten von Katharina Hinsberg eingerichtet hat. Für wenige tausend Euro kann man hier Zeichnungen erwerben, die mit dem Skalpell als Cut-Outs erstellt werden.

Auf den Fornasetti-Sekretär aus den 1980er-Jahren applizierte der italienische Designer Schwarzweiß-Grafiken von Architektur und Städten.

Foto: Thorsten Jordan für Kunsthandel Brigitte Martini

Wer wissen möchte, was der Markt gerade auch im Preisbereich zwischen 800 und 200.000 Euro zu bieten hat, sollte die 101. „Kunst & Antiquitäten“ im Westflügel im Haus der Kunst nicht versäumen. Eher funktional in der Präsentation, hat sie den Charme, dass sich hier Originelles für jeden Geldbeutel finden lässt. Wer Kunst und Antiquitäten kauft, entkommt der Gleichförmigkeit der Massenware.

Die Ausstellerzahl ist zwar auf 41 zurückgegangen, doch nur hier finden sich Händler für das Sammelgebiet alpenländische Volkskunst. Da sind erstaunliche Überraschungen möglich. Zwei Beispiele:

Herold Neupert verfügt über verschiedene Ausführungen von sogenanntem Fuhrmanns- oder Reisebesteck. Wer im 18. Jahrhundert ein Gasthaus aufsuchte, brachte sein eigenes Messer samt Gabel mit. Ein Ensemble von 1804 hat neben Messer und Gabel auch eine Ahle im Lederetui stecken. Sie diente dem Reisenden mit ihrem geriffelten Schaft zum Schärfen der Messer und mit ihrer Öse zum Flicken des Zaumzeugs. Mit Drudenzeichen zur Unheilabwehr geschmückt, soll das Dreierset 950 Euro kosten.

Antiquitäten in München

Kunstmesse Highlights in München: Neustart mit Zuversicht

Roderich Pachmann breitet religiöse und weltliche Volkskunst aus, sehr dekorativ. Eine Rarität ist ein großer „Microintagli“-Kranz von Antonio Bonini. Der Bildhauer aus der Gegend von Bologna hat es vor 1700 verstanden, Blüten und Blätter hauchdünn aus Silberpappelholz zu schnitzen. Doch der Clou sind zahlreiche versteckte Reliefszenen von Seeschlachten, Jagdabenteuern und fratzenhaften Ungeheuern im Hintergrund. Ein Meisterwerk, das für 45.000 Euro in neue Hände übergeht.

Aber auch jenseits der Volkskunst findet sich Kunst, die faszinierende Geschichten erzählt. Erinnerungsstücke an die Grand Tour, die Bildungsreise nach Italien im 18. und 19. Jahrhundert, hat Martin Puch ausgestellt. Eine große Dionysos-Büste in Bronze aus Neapel zeigt den Gott des Weines und der Ausschweifung nachdenklich in sich gekehrt (15.000 Euro). Ein „Herkules Farnese“ als Tischskulptur ist ein weiteres der klassischen Souvenirs, die sich Italienreisende gern mit nach Hause nahmen.

Eine kühne, aber geschmackssichere Kombination von Alt und Neu ist ein Fornasetti-Sekretär aus den 1980er-Jahren. Der italienische Designer hat Schwarzweiß-Grafik von Architektur und Städten als All-over auf die Flächen appliziert. Das leicht wirkende Möbel soll bei Brigitte Martini 25.000 Euro kosten.

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien hat die Aussteller auf der „Kunst & Antiquitäten“ wie auf der „Highlights“-Messe im Rahmen des Programms „Neustart Kultur“ gefördert. Ein kluger Zug, denn so bleiben Kultur und Geschichte erhalten und fördern Individualität und Diversität. Und das hat sich die Regierung ja groß auf die Fahnen geschrieben.

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Deutschland

„Kunst & Antiquitäten“ bis 23.Oktober 2022, Haus der Kunst, München, Westflügel, täglich 11 bis 19 Uhr
„Highlights. Internationale Kunstmesse München“, Residenz München, bis 23. Oktober täglich 11 bis 20 Uhr

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