Neuerscheinung: Sasa Hanten-Schmidt: „Sammeln hat etwas mit Spielen zu tun“

Die Sammlerin vor Kunstwerken von Caroline Achaintre (l.) und Clegg & Guttmann (M.).
Düsseldorf. Sie ist Rechtsanwältin und dazu öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für zeitgenössische Kunst. So akkurat Sasa Hanten-Schmidt diesen beiden Berufen nachkommt – sie ist zusätzlich noch Atelierleiterin bei der Künstlerin Angela Glajcar und Ghostwriterin von Liebesbriefen – so wenig wollen ihr Äußeres und ihr Denken dem Klischee einer sachlich-trockenen Juristin entsprechen.
Sasa Hanten-Schmidt formuliert pointiert, lässt ihre Erfahrung als Kabarettistin spielerisch in Text und Rede einfließen und versteht es, mit unkonventionellen, bisweilen feministischen Ansichten zu überraschen. Ihre direkte Art und ihre schnelle Auffassungsgabe haben offenbar schon so manchen Klienten erschreckt.
Denn die smarte Kunstfachfrau spielt mit dem Erscheinungsbild einer Elfe: weizenblonder Dutt, sehr helle Haut, weiße Wimperntusche. Statt langweiliger Hosenanzüge trägt die zierliche Anwältin lange Röcke und Kleider, als sei sie einem Film von Tim Burton entsprungen.
Ihre Role Models gibt sie selbst preis: Pippi Langstrumpf und Peggy Guggenheim, die Sammlerin und Kurzzeit-Ehefrau des Surrealisten Max Ernst. Das erfährt, wer ihr neuestes Buch „Spiel mit mir“ liest, flott geschrieben aus der Perspektive als Sammlerin und als Marktteilnehmerin.
Die 222 unterhaltsamen Seiten wollen kein klassischer Ratgeber sein für den Einstieg in den Kunstmarkt. Sie beleuchten aber aus persönlicher Perspektive Höhen und Tiefen eines opaken Marktes, in dem vieles von Beziehungen abhängt. Wer etwa welches Werk von einer gefragten Künstlerin erhält, entscheidet der Galerist, nicht die kaufinteressierte Kundin.
Da geht es nicht ohne Demütigung ab, wenn Hanten-Schmidt, selbst Sammlerin und mit dem Sammler Klaus F. K. Schmidt verheiratet, in einer Galerie nach einem Preis fragt. „Statt den Preis großspurig zu verkünden, wird die Nennung des Preises mitunter verweigert, um klarzumachen, dass man nicht in der gefragten Liga spielt.“

Der Kunstmarkt ist ein Zuteilungsmarkt. Da muss die Interessentin – aus Sicht der Galerie – die „richtigen“ anderen Kunstwerke besitzen. Ihre Sammlung muss die „richtige“ Größe haben, sollte branchenbekannt sein durch Leihgaben, Finanzierungshilfen für Kunstwerke oder Kataloge.
Ohne dass es eine nachvollziehbare Gliederung, ein Inhaltsverzeichnis oder ein Register gäbe, erzählt die Autorin aus ihrem facettenreichen Leben in und mit der Kunstbranche. Immerhin hat der Buchgestalter Michael Gais von Qwer den Textfluss durch witzig-provokante Zwischentitel gebändigt.
Nach einem eher lässlichen belauschten Gespräch am Flughafen geht es ziemlich am Anfang um den Rabatt. Den erhält bei Hanten-Schmidt grundsätzlich nicht, wer verzögert zahlt oder Kunst zu lange „zur Ansicht“ behält. „Sammeln hat etwas mit Spielen zu tun. Deswegen wird ja auch so viel gefeilscht.“ Es gehe nicht ums Geld. „Es geht um das Spiel. Um den Nervenkitzel und um die Machterprobung“, weiß die Autorin aus ihrer Erfahrung als Atelierleiterin.
Kern ihrer Bekenntnisse ist das Leben mit der „angeheirateten“ Kunstsammlung ihres Ehemanns. Der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Klaus F. K. Schmidt aus Köln und Dresden hat 40 Jahre lang Kunst angekauft, „um zu kuratieren“. Doch erstens tat er das mit seiner verstorbenen ersten Ehefrau Doris Schmidt – der Name fällt im Buch nie. Das Internet aber hält frühe Präsentationen und Schenkungen aus der Sammlung Schmidt-Drenhaus fest.
Und zweitens ließ der Kunstfreund am Rand von Köln eine Villa bauen, die er auch als Museum betreiben wollte. Für die ambitionierte zweite Ehefrau Sasa Hanten-Schmidt war der Bau jedoch „eine hallende Betonkiste“. „Das Museum war wie ein eiskalter Wangenkuss“ und empfing nicht, wie sie es ersehnte, „wie eine Umarmung“. Wir erinnern uns selbst an einen Besuch, bei dem es in den Räumen hallte, überschwängliche Emotionen wollten sich da nicht entfalten.
Das Sammlerpaar begann, zur Eröffnung seiner privaten Ausstellungen Salon-Abende zu veranstalten. Ein Hindernisrennen, nicht frei von Pannen. Dabei ergaben sich trotz viel Mühe kaum angeregte Gespräche. Selbst die Besuche von Museums-Freundeskreisen oder Kuratorengruppen ließen sich kaum positiv erinnern.


Da wurde die hehre Idee, Ausstellungen im eigenen Heim zu veranstalten, fallen gelassen, die Villa verkauft. Was bleibt, ist die Lust, die älteren und die neuen Elemente einer wachsenden Sammlung immer wieder neu zu kombinieren. „Spiel mit mir“: Das ist auch der Rat, den die Expertin allen Sammlerinnen und Sammlern zuruft.






