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RechtsstreitProzessparteien ringen in New York um Transparenz

Im laufenden Prozess von Dmitri Rybolowlew gegen Sotheby’s dreht sich alles um die Frage der Sorgfaltspflichten bei Privatverkäufen.Barbara Kutscher 25.01.2024 - 13:38 Uhr
In dem vor einem New Yorker Gericht ausgetragenen Zivilverfahren zwischen Dmitri Rybolowlew und Sotheby's geht es um die Bewertung berühmter Gemälde wie die "Wasserschlangen II" (1909) von Gustav Klimt. Foto: Joe Klamar/AFP via Getty Images

New York. Jeder, der die Skandale des Kunstmarktes verfolgt, dürfte mit den Namen Dmitri Rybolowlew und Yves Bouvier vertraut sein. Über neun Jahre lang hatte der russische Geschäftsmann mit Sitz in Monaco den Schweizer Unternehmer und Kunsthändler vor internationalen Gerichten in Singapur, Genf, Monaco oder Hongkong des Betrugs bezichtigt.

Rybolowlew, dem der Verkauf einer Kali-Mine fast 7,5 Milliarden Dollar einbrachte, hatte mit Hilfe Bouviers eine Sammlung von Kunst-Trophäen angelegt. Für illustre Namen, vor allem des Impressionismus und der Moderne, gab Rybolowlew etwa zwei Milliarden Dollar aus.

In New York läuft gerade einer der aufsehenerregendsten Prozesse der globalen Kunstszene. Es geht darum, dass der russische Sammler Dmitri Rybolowlew das weltberühmte Auktionshaus Sotheby‘s bezichtigt, die Preise für von ihm erworbene Kunstwerke zuvor künstlich in die Höhe getrieben zu haben.

In dem Zivilverfahren, dem ein Streitwert von 190 Millionen Dollar zugrunde liegt, spielen berühmte Kunstwerke wie Leonardo da Vincis umstrittenes Gemälde „Salvator Mundi“ eine Rolle, genauso wie der Schweizer Kunsthändler Yves Bouvier, der einst mit Freihäfen und einem Logistik-Unternehmen nah dran war an Top-Sammlern und deren Werken.

Rückblende: Es war 2013, als Dmitri Rybolowlew Yves Bouvier für Leonardo da Vincis mittlerweile berühmt-berüchtigtes Gemälde „Salvator Mundi” 127,5 Millionen Dollar bezahlte. Allerdings hatte Bouvier stramme Verhandlungen mit dem fiktiven Besitzer nur vorgetäuscht und das Bild selbst bei Sotheby’s zu 83 Millionen Dollar — inklusive 3 Millionen Dollar Kommission für das Auktionshaus — erstanden. Das sagten mehrere Zeugen in dem aktuell in New York angestrengten Prozess aus. Nur vier Jahre später wurde es bei Christie’s zu sensationellen 450,3 Millionen Dollar versteigert.

Der russische Oligarch Dmitri Rybolowlew hat einen der aufsehenerregendsten Prozesse der globalen Kunstszene angestoßen. Foto: Jeenah Moon/Bloomberg

Die enge Geschäftsbeziehung der Männer endete jedoch jäh im Jahr 2014, als Rybolowlew den Schweizer beschuldigte, ihn durch zu hohe Margen um eine Milliarde Dollar betrogen zu haben. Eine Prozesslawine setzte ein. Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen Bouvier wurden im Dezember 2023 von der Genfer Staatsanwaltschaft eingestellt. Mit der Begründung, man habe „keine Beweise gefunden, die ausreichenden Verdacht gegen Bouvier begründen könnten“.

Separat einigten sich die Parteien auf eine Vergleichsvereinbarung. Auch der zuständige Richter am Bezirksgericht in Manhattan hatte im vergangenen März noch einen Vergleich empfohlen, denn ein Verfahren „würde teuer, riskant und potenziell peinlich für beide Parteien” werden.

Es ist wichtig, dass der Kunstmarkt transparenter wird
Dmitri Rybolowlew
Russischer Geschäftsmann

Und wirklich, die beschlagnahmten Email-Korrespondenzen gewähren den Beobachtern detaillierte Einblicke bis in die Führungsetage der sonst auf äußerste Diskretion bedachten Branche. Rybolowlew schilderte gleich zu Prozessbeginn im Zeugenstand sein Anliegen: „Es ist wichtig, dass der Kunstmarkt transparenter wird. Wenn das größte Unternehmen dieser Branche in solche Aktionen verwickelt ist, haben seine Kunden keine Chance”.

Zwar ist Bouvier hier nicht mehr angeklagt, aber alles dreht sich um seine Deals. In den ersten Tagen des mindestens vier Wochen dauernden Verfahrens kamen Zeugen der Anklage zu Wort, darunter auch der Galerist Nicholas Acquavella aus New York, der Bouviers Hongkonger Firma Eagle Overseas Company, Ltd. im Jahr 2004 Picassos berühmtes Gemälde „Les Noces de Pierrette” von 1905 vermittelt hatte. Zu nur 39 Millionen Dollar — auf einer Pariser Auktion im November 1989 hatte ein japanischer Immobilienentwickler noch umgerechnet 51,7 Millionen Dollar bewilligt.

Auch Amedeo Modiglianis "Tete" gehört zu den Kunst-Trophäen, für die Dmitri Rybolowlew meint zu viel bezahlt zu haben (Ausschnitt). Foto: Sotheby's

Wichtiger Zeuge der Anklage ist Samuel Valette, Sotheby’s in London ansässiger Experte für Impressionisten und Moderne, Vice Chairman und Head of Private Sales, für Europa, Nahen Osten und Asien. Sotheby’s hatte ihn im Jahr 2007 zu Bouviers Kontaktperson, den Key Client Manager, gemacht. Damals wurde der Schweizer als einer der weltweit besten Kunden geschätzt.

Insgesamt erwarb Bouvier zwischen 2002 und 2014 über Sotheby’s Private Sales-Kanal etwa 40 Werke. Manche lieferte er auch später wieder zur Auktion ein. „Wir werden an seinen Transaktionen 300 Millionen Dollar verdienen”, so versicherte Valette im Juni 2011 Sotheby’s damaligem CEO William Ruprecht in einer Email.

Die Rolle des Kundenmanagers Samuel Valette

Valettes tagelange Vernehmung in New York drehte sich immer wieder um die Frage, ob Bouvier seines Wissens nach als Händler auf eigene Rechnung gekauft oder als Agent für den Milliardär gehandelt habe. Ans Licht kam ein erstaunlicher Sachverhalt. Obwohl Valette seit 2012 pro forma als Key Client Manager auch für Rybolowlew zuständig gewesen war, unterhielt er keine Geschäftsbeziehung zu dem Milliardär. Das resümierte auch der Anwalt des Klägers, Daniel Kornstein: „Samuel Valette von Sotheby’s hatte zuvor bestätigt, dass er die meisten internen Compliance-Verfahren ignoriert hatte. Heute setzte er seine Aussage fort und gab zu, dass ihm völlig bewusst war, dass Herr Rybolowlew ein Kunde von Yves Bouvier war.“ Kornstein fügt an: „Obwohl er der wichtigste Kundenmanager von Herrn Rybolowlew war und ihn mehrmals traf, gab Herr Valette zu, dass er nie versucht hatte, eine Beziehung zu Herrn Rybolowlew aufzubauen, weil dies seine kritische Beziehung zu Bouvier gefährden würde.“

>>Lesen Sie auch: Dmitri Rybolowlews Groll gegen Sotheby’s

Valettes Vernehmung soll vor allem belegen, ob seine Bewertung von sechzehn Kunstwerken, die Bouvier zwischen 2011 und Januar 2015 bei Sotheby’s gekauft hatte, die Basis für Bouviers überhöhte Rechnungen lieferten. „Sotheby’s hat sich bei der Transaktion dieser Kunstwerke strikt an alle gesetzlichen Anforderungen, finanziellen Verpflichtungen und bewährten Branchenpraktiken gehalten. Jede Behauptung, Sotheby’s sei sich des angeblichen Fehlverhaltens oder der Absicht des Käufers, Herrn Rybolowlew zu betrügen, bewusst gewesen, ist falsch,“ heißt es in einem Statement von Sotheby’s.

In Sotheby's jüngstem Statement steht: „Während der Aussage von Herrn Rybolowlew wurde deutlich, dass er als Selfmade-Milliardär mit einem vielfältigen und weitreichenden Netzwerk an Interessen, seinen Kunsttransaktionen nicht dieselbe Sorgfalt und Aufmerksamkeit zum Detail entgegenbrachte, wie seinen Geschäften. Dieses Missmanagement und der Mangel an professionellen Standards im Umgang mit Yves Bouvier sind die Ursache dieses Falles und haben absolut keinen Einfluss auf Sotheby’s oder die akzeptierten Praktiken des Kunstmarktes.“

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In der dritten Prozesswoche kamen Zeugen der Verteidigung zu Wort, darunter am Dienstag Art Advisor Sandy Heller, der auf das Topende des Marktes spezialisiert ist und seit Dezember 2014 Rybolowlew berät. Alex Bell, Sotheby’s in London ansässiger Co-Chairman der Altmeisterabteilung, erläuterte Überlegungen zur Bewertung von da Vincis „Salvator Mundi“. Die Kunstwelt erwartet gespannt den Richterspruch.

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