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Digitale Dienste Neue Versicherungswelt in der Coronakrise: Wo Kunden genauer hinschauen sollten

Für Versicherungskunden haben sich in der Coronakrise Information, Vertragsabschluss und Schadenmeldung massiv verändert. Davon können Interessierte auch profitieren.
25.02.2021 - 04:00 Uhr Kommentieren
Apps der Versicherer für Smartphones und andere Mobilgeräte werden bisher wenig beachtet: „Haufenweise ungenutzte Apps“ von Versicherern schmorten in den App-Stores, stellt Berater Jakubek fest. Quelle: picture alliance / Westend61
Mann sitzt vor Tablet

Apps der Versicherer für Smartphones und andere Mobilgeräte werden bisher wenig beachtet: „Haufenweise ungenutzte Apps“ von Versicherern schmorten in den App-Stores, stellt Berater Jakubek fest.

(Foto: picture alliance / Westend61)

München Die Coronakrise hat das Verhältnis von Kunden zu ihren Versicherern im Kern verändert. Weil der persönliche Kontakt zum Vermittler lange Zeit nicht möglich war, haben Kunden bei manchem Anbieter um bis zu 20 Prozent häufiger die digitalen Zugänge genutzt als davor. Mittlerweile 32 Millionen aktive Kundenzugänge hat der Branchenverband GDV zuletzt gezählt, die online oder via App genutzt werden.

Versicherte fanden sich oft unschlüssig zwischen einem ausbaufähigen Service, ungeübten Beratern und ungenutzten Apps. Doch allmählich werden die Möglichkeiten besser, sich selbst zu informieren und so etwa überhöhte Kosten zu vermeiden. Worauf Interessierte achten sollten.

Die Beratung

Die neue Realität begann abrupt: Als im ersten Lockdown plötzlich keine direkten Beratungsgespräche mehr möglich waren, suchten Versicherungsvertreter zunächst den Kontakt zu ihren Kunden auf den Wegen, die bleiben: Telefon, Mail oder die gute alte Post. Die Folge: Viele Kunden fühlten sich nicht richtig informiert. Im Vorteil sind Anbieter wie etwa Swiss Life, die schon vor der Krise auf Onlineberatung auch mithilfe von Videokonferenzen gesetzt haben.

Viele Kunden haben der Erfahrung nach aber ein sogenanntes „hybrides“ Beratungsmodell schätzen gelernt: Sie informieren sich online und offline, treffen erst anschließend einen persönlichen Berater. Kunden agieren somit selbstständiger, bestimmen ihr eigenes Risikoprofil und versuchen so, unnötigen Schutz und zu hohe Kosten zu vermeiden.

Angetrieben durch die Coronakrise richten die Versicherer inzwischen ihre Vertriebskanäle vermehrt auf diese Kundenklasse aus und schaffen sogenannte fluide Systeme, die das Zusammenspiel zwischen stationärer und Onlinewelt ermöglichen. Der Düsseldorfer Versicherer Ergo hat Ende 2019 sogar ein eigenes Vorstandsressort für den hybriden Kunden geschaffen. Bei der Allianz rechnen sie damit, dass Kunden selbstständiger werden – sich mittelfristig bis zu 70 Prozent vor einem Beratergespräch im Netz informieren.

Die Produkte

Zwar haben die Versicherer im Coronajahr mit zahlreichen Produktinnovationen um Kunden geworben. Wirklich neu ist aber nur wenig: Von den 161 Versicherern, deren Produkte zuletzt vom Deutschen Institut für Servicequalität (DISQ) untersucht wurden, wurden nur 19 ausgezeichnet.

Diese Anbieter konnten sich sowohl in ihrer Innovationskraft als auch in ihrem Nutzen von dem absetzen, was bisher am Markt vertreten war. So fiel beispielsweise eine Elektroautoversicherung beim Versicherer Verti auf oder ein Reputations-Rechtsschutz beim Anbieter Roland.

Doch ein Blick ins Ausland zeigt, was in einigen Jahren auch in Deutschland Standard sein dürfte: Wer in den Benelux-Staaten, Skandinavien oder in den USA beispielsweise einen Autounfall hat, der kann verfolgen, wie weit der Reparaturprozess ist, ob Teile bestellt und unterwegs sind und wie lange es dauert, bis er den Wagen abholen kann.

Die Prozesse zwischen Versicherer und Werkstatt sind dort verknüpft. Die Nachverfolgung, wie sie viele Menschen schon beim Paketversand kennen, gilt als Teil der Kundenfreundlichkeit. Der Kunde werde zwar nie „Spaß“ an seiner Versicherung haben, meint Unternehmensberater Dirk Schmidt-Gallas von Simon-Kucher. Durch gezielten Service werde aber das Verhältnis zum Kunden enger.

Der Service

Auch bei den Dienstleistungen rund um die Policen klaffen Anspruch und Realität vielfach noch weit auseinander. Das hat das Deutsche Institut für Service-Qualität gerade erst wieder beim Thema Altersvorsorge festgestellt. Demnach punkten die Hotline-Mitarbeiter zwar mit Fachwissen und guten kommunikativen Fähigkeiten, beraten aber oft nicht umfassend.

Noch enttäuschender wurde der Mailservice der 30 getesteten Versicherer bewertet. Demnach wurden 44 Prozent der Anfragen im Testzeitraum nicht beantwortet. Wer dennoch eine Rückmeldung erhielt, bekam nur in einem Fünftel der Fälle eine vollständige Antwort. „Die Versicherer bieten am Telefon, per E-Mail und im Internet eine insgesamt nur ausreichende Beratungs- und Servicequalität“, schreiben die Experten vom DISQ.

Immerhin versuchen sich die Anbieter an Abhilfe. Beispielsweise wird bei den Tarifrechnern nachgearbeitet, so sollen Rechner im Internet nicht mehr vor Fachbegriffen, Details zu Geschäftsbedingungen oder Schadenklassen nur so strotzen, sondern verständlicher werden. Ein Problem bleibt jedoch: Wie lassen sich komplexe und oftmals knifflige Sachverhalte so darstellen, dass sie einerseits juristisch wasserdicht sind und sie andererseits auch der Laie versteht?

Defizite haben viele Versicherungen auch beim Thema „Bezahlen“: „Ein Lastschriftmandat ist nach wie vor der Standard“, sagt Jan-Frederik Jakubek, Digitalisierungsexperte bei Simon-Kucher.

Digitale Zahlmethoden etwa über den Online-Bezahldienst Paypal sind selten. Die Versicherer räumen diese Schwäche immerhin ein: So gehören alternative Bezahlmethoden dem Branchenverband GDV zufolge zu den wichtigsten Digitalisierungsthemen in der Branche. Das gilt auch für das sogenannte Identitätsmanagement, mit dem sich Kunden in ihr Nutzerkonto einloggen.

Dreigeteilte Produktwelt

Experten sprechen gemeinhin von „erzwungenem, abgeleitetem und gewecktem“ Interesse an Versicherungen. Zum ersten Fall gehören vor allem Pflichtversicherungen wie für das Auto. Abgeleitete Versicherungen werden über ein anderes Produkt abgeschlossen, beispielsweise die Reiserücktrittversicherung mit der Urlaubsbuchung. Als Königsdisziplin gilt der Verkauf von Produkten der dritten Kategorie, den Lebens-, Berufsunfähigkeits- oder privaten Krankenversicherungen. Diese müssen in der Regel aktiv verkauft werden.

Bei den erzwungenen Versicherungen geht der Trend durch die Pandemie bedingt verstärkt zu sogenannten Aggregatoren, also Vergleichsportalen wie Check24 oder Verivox.. Hier gibt es nach wenigen Fragen ein Ergebnis. Entscheidend ist für die meisten Kunden ohnehin der Preis. Dieser Trend dürfte nach Einschätzung von Berater Schmidt-Gallas anhalten, wenngleich auch nicht so exzessiv wie in anderen Ländern wie Großbritannien. In Deutschland spiele die Marke des Versicherers für den Kunden eine große Rolle, meint er.

Deutlich eingebrochen ist das Geschäft mit abgeleiteten Produkten. Wo nicht gereist werden kann, ein Mietwagen gebucht oder Pannenhilfe benötigt wird, werden auch weniger Verträge abgeschlossen. Doch bei Lockerungen dürfte das Geschäft wieder anspringen. Zudem kreieren die Anbieter immer neue Produkte für Smartphone, E-Bike oder die Drohne.

Auch dort, wo Interesse geweckt werden musste, hielten sich die Kunden zurück. Nur noch rund 4,5 Millionen neue Lebensversicherungen schlossen sie im Coronajahr 2020 ab, über elf Prozent weniger als 2019. Hier sollten sich Versicherte auf vermehrten Kontakt von Anbietern über Social Media, WhatsApp und ähnliche Messengerdienste einstellen.

Die Apps

Die Applikationen oder Apps genannte Anwendungssoftware der Versicherer für Smartphones und andere Mobilgeräte werden bisher wenig beachtet: „Haufenweise ungenutzte Apps“ von Versicherern schmorten in den App-Stores, stellt Berater Jakubek fest.

Unter den deutschen Top 100 der kostenlosen Apps für Finanzen für das iPhone finden sich denn auch nur drei aus dem Bereich Versicherungen. Zum Vergleich: 22 Apps gibt es rund um Kryptowährungen und Bitcoin.

Relativ weit vorne auf Rang 27 liegt noch der digitale Versicherungsmakler Clark. Auf Platz 79 findet sich die Signal-Iduna, einen Rang dahinter die LVM Versicherung. Bekannte Namen wie Allianz, HDI oder Huk fehlen indes unter den Top-100. Wer es aber in das Ranking schafft, bekommt von den Kunden auch gute Bewertungen: 4,3 von fünf möglichen Sternen erhielt zuletzt Clark, 4,6 waren es bei Signal-Iduna und 4,4 bei der LVM.

Von sogenannten Super-Apps nach dem Vorbild von WeChat aus China ist unter Versicherern allenfalls die Rede. Die als Messengerdienst entstandene App ist inzwischen ein unverzichtbarer Wegbegleiter für viele Millionen Chinesen, lassen sich über den Dienst doch Taxen und Lebensmittel bestellen, Restaurants und Arzttermine buchen, sogar einen Job suchen. Finanzdienstleistungen sind ein Zusatzelement.

„Eine Super-App wie in China ist hier zumindest nach aktuellem Stand nicht denkbar“, meint Jakubek. Manche Ideen gehen immerhin in diese Richtung: Der amerikanische Bezahldienst Paypal hat vor wenigen Tagen seine Vision von Finanzdienstleistungen, E-Commerce und sozialen Netzwerken angekündigt. In Deutschland liegt Paypal jetzt schon auf Platz eins.

Mehr: Altersvorsorge mit ETFs: Schlägt der Sparplan die Fondspolice der Versicherung?

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