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Asia TechonomicsTrotz Rekordinvestitionen in Erneuerbare – Asien bleibt Kohle-Junkie

Erstmals übersteigen in China die Kapazitäten aus erneuerbaren Energien die aus Kohle. Doch das Land bleibt noch lange an fossilen Energieträgern hängen – und ist damit nicht allein.Nicole Bastian 04.05.2023 - 11:21 Uhr
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Der Anteil des fossilen Energieträgers an der Stromerzeugung des Landes bleibt hoch.

Foto: Reuters

Es ist ein Meilenstein in Asiens Energiewende: In China haben im vergangenen Jahr zum ersten Mal alle installierten Kapazitäten für erneuerbare Energien die für Kohle übertroffen. 47 Prozent entfielen dabei auf die Erneuerbaren, teilte die nationale Energiebehörde kürzlich mit, knapp 44 Prozent noch auf Kohle.

China ist der weltweit größte Markt für Investitionen in erneuerbare Energien – und wird es auch bleiben. Von 2022 bis 2031 dürften in dem Bereich 700 Gigawatt an neuen Erzeugungskapazitäten – Wasserkraft ausgenommen – aufgebaut werden, prognostiziert die Economist Intelligence Unit. Das ist mehr als die komplette Stromerzeugung in Deutschland derzeit.

Hinzu kommen der Prognose zufolge rund 200 Gigawatt an neuen Anlagen für erneuerbare Energie in Indien, 54 in Japan und 36 in Südkorea. Diese Staaten zumindest hätten wohl kein Problem mit einem globalen Ziel für den Ausbau von Windkraft und Solarenergie, wie ihn Außenministerin Annalena Baerbock beim „Petersberger Klimadialog“ forderte.

Kohle bleibt über Jahre die dominierende Energiequelle in China, Indien und Indonesien

Also alles gut in der asiatischen Energiewelt? Weit gefehlt. Das große Wachstum der Erneuerbaren infolge des überdurchschnittlichen Wirtschaftswachstums in der Region verdeckt, dass Asien auch die Region ist, die jetzt und in Zukunft am stärksten von der Kohle abhängt.

Dass die Volkswirtschaften von China bis Australien nicht von der Kohle wegkommen, ist ein Problem für die ganze Welt. Rund die Hälfte des globalen Kohlendioxidausstoßes stammt von hier. Und die hohe Zahl an neu installierten Solaranlagen und Windturbinen wird daran nichts ändern.

In der wöchentlichen Kolumne schreiben Handelsblatt-Korrespondenten im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in Asien.

Foto: Klawe Rzeczy

Im vergangenen Jahr hat beispielsweise China aus Angst um eine stabile Energieversorgung sogar mehr als 100 Gigawatt an Kohlestromkapazitäten genehmigt – und damit so viel wie seit sieben Jahren nicht mehr. Da Solar- und Windanlagen nicht durchgehend Strom produzierten und Wasserkraft etwa in Trockenzeiten als Energielieferant wegfiel, lag der tatsächliche Anteil von Kohle an der Stromerzeugung in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt im vergangenen Jahr weiter bei hohen 60 Prozent.

>> Lesen Sie auch: Industrieländer schwören Kohle und Erdgas nicht völlig ab

Bis 2031 dürfte der prozentuale Anteil der Kohle sinken, aber er werde de facto immer noch mehr als 45 Prozent betragen, prognostiziert die Economist Intelligence Unit. In Indonesien dürfte der Anteil dann noch bei mehr als 50 Prozent liegen, in Indien bei mehr als 60 Prozent. Selbst Japan und Südkorea könnten dann immer noch mehr als ein Fünftel ihrer Energie aus Kohle gewinnen. Von Entzug kann also keine Rede sein.

Asien setzt auf Gas als Übergangstechnologie

Die Bedeutung des fossilen Energieträgers sinkt viel zu langsam. Zudem wird Erdgas in den kommenden Jahren in vielen Ländern der Region sogar noch wichtiger als Übergangstechnologie. In China, Indonesien und selbst in Südkorea dürfte der Anteil von Gas an der Energieerzeugung Prognosen zufolge deutlich zunehmen. Peking etwa nutzt die nun preisgünstige Versorgung aus Russland.

Auch in Japan dürfte Gas zum Beginn der kommenden Dekade noch rund ein Drittel der Energieerzeugung ausmachen. Das ressourcenarme Land, das stark auf die Einfuhr von Energieträgern angewiesen ist, ist der weltgrößte Importeur von verflüssigtem Gas (LNG) und will von Ende dieses Jahres an noch mehr davon importieren, um einen Puffer gegen mögliche Versorgungsengpässe aufzubauen. Jetzt bereits verhandelt Tokio über neue Lieferdeals von 2030 an, wenn die derzeitigen Verträge auslaufen.

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Japan ist in der G7-Gruppe der führenden Industrienationen durchaus auch in die Kritik geraten, weil das Land hofft, über Wasserstoff und das giftige Ammoniak bestehende fossile Kraftwerke weniger umweltschädlich weiterzubetreiben. Und das nicht nur in Japan selbst, sondern in ganz Südostasien. Japanische Unternehmen haben bereits entsprechende Verträge mit Energieerzeugern in Indonesien, Thailand oder auf den Philippinen zur Umrüstung unterzeichnet.

Die hohen Wachstumszahlen für erneuerbare Energien dürfen nicht darüber hinwegtäuschen: Asien bleibt ein Kohle- und Gas-Junkie. Damit schadet die Region der Welt – und durch die Folgen des Klimawandels sich selbst am allermeisten, wie eine Studie der Asiatischen Entwicklungsbank gerade wieder aufgezeigt hat.

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In der Kolumne Asia Techonomics schreiben Nicole Bastian, Sabine Gusbeth, Dana Heide, Martin Kölling und Mathias Peer im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in der dynamischsten Region der Welt.

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