Impfverordnung Spahn erhält neue Milliarden für Corona-Politik – Wirrwarr um 2G-Regel in Berlin
Berlin Das Gesundheitsministerium von Jens Spahn (CDU) soll weitere 2,1 Milliarden Euro für die Bekämpfung der Coronakrise erhalten. Das geht aus einer Vorlage des Bundesfinanzministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestags hervor, die dem Handelsblatt vorliegt. Zuerst hatte die „Bild“ darüber berichtet.
Die Ausgaben für die Corona-Impfverordnung seien demnach auf 3,6 Milliarden Euro gestiegen. Im März erhielt Spahns Ministerium dafür bislang rund 1,5 Milliarden Euro. Die neue Geldspritze soll die Differenz ausgleichen, muss aber noch vom Haushaltsausschuss des Bundestags abgenickt werden. Das Geld ist unter anderem für Booster- und Kinderimpfungen, den Betrieb der Impfzentren sowie die Ausstellung digitaler Impfzertifikate vorgesehen.
Allein für die Impfungen in den Arztpraxen rechnet das Bundesfinanzministerium mit Kosten von 1,6 Milliarden Euro, die aus dem Gesundheitsfonds getragen werden müssen. Aus dem Topf erhalten die gesetzlichen Krankenkassen ihre Mittel.
Derweil schärfen immer mehr Bundesländer ihre Corona-Verordnung nach – und lösen damit teils heftige Kritik aus. So beschloss der Berliner Senat zunächst ein 2G-Optionsmodell ohne eine Ausnahmeregel für Kinder und Jugendliche. Corona-Impfungen für Kinder unter zwölf Jahren empfiehlt die Ständige Impfkommission derzeit aber nicht allgemein.
Das Modell sieht vor, dass ab Samstag in etlichen Bereichen Betreiber selbst entscheiden können, ob sie den Zutritt zu Innenräumen wie bisher Geimpften, Genesenen und Getesteten (3G) erlauben. Oder ob sie unter Wegfall etwa der Maskenpflicht und mit mehr Teilnehmern nur noch Geimpfte und Genesene (2G) reinlassen.
Dann hätten Kinder unter zwölf aber nur Zutritt gehabt, wenn sie bereits eine Infektion durchgemacht hätten. Eineinhalb Wochen vor der Abgeordnetenhauswahl hat der Senat am Mittwoch nun nachgesteuert und Ausnahmen für Kinder unter zwölf Jahren beschlossen.
Berlin will 2G-Entscheidung korrigieren
Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte mit Blick auf die Berliner Entscheidung dazu aufgerufen, bei der Umsetzung der 2G-Regel Rücksicht auf Familien mit Kindern zu nehmen. Familien dürften hier nicht noch einmal zusätzlich belastet werden, sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch in Berlin.

Die 2G-Regel soll auch die Impfbereitschaft erhöhen.
Lambrecht verwies auf Hamburg. Die Stadt habe bei ihren 2G-Regelungen vorgemacht, dass Kinder nicht ausgeschlossen würden. Sie verwies auf die Möglichkeit zusätzlicher Tests. Sie könne nachvollziehen, dass es um die Sicherheit der Gäste gehe. „Aber es geht auch darum, dass Familien, gerade da, wo die Eltern geimpft sind und die Kinder sich nicht impfen lassen können, nicht noch einmal eine zusätzliche Belastung erfahren.“ Lambrecht forderte eine „vernünftige Lösung“, die das berücksichtige.
Zuvor hatte das Deutsche Kinderhilfswerk die Berliner Entscheidung scharf kritisiert. „Kinderfeindlich und familienfeindlich“, nannte Bundesgeschäftsführer Holger Hofmann es nach Angaben der „Welt“, dass keine Ausnahmen für Kinder unter zwölf Jahren vorgesehen sind. „Wir werden überprüfen, inwieweit hier ein verfassungsrechtlicher Widerspruch besteht“, kündigte Hofmann an.
Auch die Bundesländer Sachsen, Baden-Württemberg, Thüringen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen planen strengere Zugangsregeln für Ungeimpfte oder haben diese bereits beschlossen. So sollen in Baden-Württemberg voraussichtlich an diesem Donnerstag strengere Corona-Regeln in Kraft treten, wie Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) sagte.
Damit bekommt das Land ein mehrstufiges Warnsystem, das sich nach der Intensivbettenbelegung richtet. In einer ersten Stufe hätten Ungeimpfte etwa nur noch mit einem negativen PCR-Test Zugang zu bestimmten öffentlichen Bereichen. In einem zweiten Schritt hätten Ungeimpfte keinen Zutritt mehr zu Restaurants, Kultur- und Sportveranstaltungen.
Auch in Thüringen prüft das Gesundheitsministerium die Einführung einer 2G-Regelung für bestimmte Bereiche. In Schleswig-Holstein will die Regierung am Mittwoch eine neue Verordnung beschließen, wonach ab dem 20. September Vorgaben zu Abstand und Masken für Geimpfte, Genesene und negativ Getestete entfallen. Im Fall einer Verschärfung der Corona-Lage ist generell „ein Übergang zu einer 2G-Regelung mit 3G-Option vorgesehen“ – und bei 3G würden verstärkte Auflagen gelten.
Viele Bundesländer wollen 2G
In Sachsen-Anhalt soll ab Dienstag ein „2G-Optionsmodell“ gelten, wie die Landesregierung mitteilte. Veranstalter können damit selbst entscheiden, ob sie nur Geimpfte und Genesene einlassen oder ob sie weiterhin das 3G-Modell (geimpft, genesen, getestet) nutzen wollen – also auch aktuelle negative Tests akzeptieren. Brandenburg plant ebenfalls die Einführung der „2G-Regel“. Veranstalter und Betreiber können demnach nur Geimpften, Genesenen und Kindern bis zwölf Jahren Zutritt gewähren, einzelne Corona-Auflagen sollen entfallen.
Rheinland-Pfalz hat bereits Änderungen umgesetzt und drei Warnstufen eingeführt. Für Geimpfte und Genesene sind unbegrenzte Zusammenkünfte möglich. Dazu kann eine bestimmte Zahl Getesteter kommen. Auch in Bayern sind neue Regeln in Kraft, die auch eine „Krankenhaus-Ampel“ als Indikator umfassen. 2G sei „theoretisch möglich und nicht verboten, aber nicht vom Staat vorgeschlagen“, hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gesagt. In Nordrhein-Westfalen soll die 3G-Regel bis auf Weiteres unverändert bestehen bleiben.
Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) kündigte am Dienstag an, dass die „2G-Regel“ in mehr Bereichen angewendet werden könne – etwa in Gastronomie, Kultur, Veranstaltungen oder Sport. Möglich ist es etwa schon in Diskotheken. Auch Sachsen will 2G als Optionsmodell einführen. Dies soll für Restaurants, Einrichtungen oder Events von bis zu 5000 Menschen möglich sein, wenn der Veranstalter es so entscheidet, wie die Staatskanzlei mitteilte.
Mit Agenturmaterial
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