Staatsfinanzen Söder stichelt: Neuer Unions-Streit um Schuldenbremse

Im Juli hielt Bayerns Ministerpräsident eine Regierungserklärung. In der erklärte er, Klimaschutz habe Priorität.
Berlin Für Armin Laschet (CDU) lief es schon mal besser. In den Umfragen holt die SPD auf, während die Werte der Union bröckeln. Am Wochenende schaltete der Kanzlerkandidat der Union daher in den Angriffsmodus.
Die SPD wolle die Schwarze Null, also einen Haushalt ohne Neuverschuldung, aufgeben. „Da hätte ich mal von Olaf Scholz gern eine klare Antwort: Will er die Schuldenbremse aussetzen?“, fragte Laschet bei einem Wahlkampfauftritt in Olpe.
Das Problem ist nur: die Positionierung der Union zur Schuldenbremse selbst ist nicht klar. Just in dem Moment, in dem Laschet Scholz angeht, hat er selbst mit internen Diskussionen zu kämpfen, wie die Union zur Schuldenbremse steht.
Auslöser der neuen Debatte ist diesmal CSU-Chef Markus Söder. Nach der Flutkatastrophe im Juli hielt Bayerns Ministerpräsident eine Regierungserklärung. In der erklärte er, Klimaschutz habe Priorität.
Um das Thema voranzutreiben, müsse man daher Geld in die Hand nehmen. „Deswegen sollten wir in Deutschland generell überlegen, wie wir Klimaschutz als Daueraufgabe mit der Schuldenbremse in Einklang bringen können“, sagte Söder. „Sie einfach auszusetzen, ist keine Lösung. Das muss verfassungsrechtlich geklärt werden.“
Laschet-Lager weist Söders Forderung zurück
Mit seinen Äußerungen, die erst an diesem Wochenende eine größere Beachtung fanden, stellt Söder die Schuldenbremse indirekt infrage. Nun steht die Frage im Raum, ob die Union es für denkbar hält, Ausgaben zur Bekämpfung des Klimawandels aus der Schuldenbremse herauszurechnen. Gegner der Schuldenregel fordern das schon lange.
In der Union sorgen die Äußerungen für Ärger. Laschets Arbeitsminister aus Nordrhein-Westfalen, Karl-Josef Laumann (CDU), sagte, er halte nichts von einer Diskussion über die Schuldenbremse. Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Eckhardt Rehberg, sagte, die heutige Generation müsse den Klimaschutz „im Rahmen der gültigen Schuldenbremse“ finanzieren.
„Söder tut alles, wirklich alles, um Laschet zu schwächen“, sagt ein Unionsmann genervt. Solide Staatsfinanzen seien ein Markenkern der Union. Diesen mitten im Wahlkampf in Zweifel zu ziehen, sei ein „gefährliches Spiel“.
Laschet sorgte mit eigenem Vorschlag für Verwirrung
Zumal die Union eine Debatte um die Schuldenbremse gerade erst hinter sich gelassen hat. Als Anfang des Jahres Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt die Schuldenbremse in ihrer heutigen Form in Zweifel zog, spuckte Laschet – damals frisch gewählter CDU-Parteivorsitzender – Gift und Galle. Er verbitte sich solche unabgestimmten Vorschläge.
Kurz darauf machte Laschet allerdings selbst den Vorschlag, nach der Wahl einen „Deutschlandsfonds“ einzurichten, aus dem öffentliche Investitionen finanziert werden sollen. Das klang plötzlich stark nach Umgehung der Schuldenbremse. Im offiziellen Wahlprogramm fand sich der Vorschlag dann aber doch nicht – auch, weil die Haushaltspolitiker der Union Laschet davon abgebracht hatten.
Dass Söder nun erneut eine Diskussion um die in der Verfassung verankerte Schuldenregel aufmacht, stößt in der Union daher bitter auf. Insbesondere für die FDP ist der Vorstoß Söders ein gefundenes Fressen, um sich von der Union abzugrenzen.
FDP: Union hat Haltungsproblem
So sagt FDP-Finanzpolitiker Karsten Klein: „Die Äußerungen von Markus Söder zeigen ein eklatantes Haltungsproblem im Hinblick auf solide Staatsfinanzen. Wer jedes aktuelle Problem mit dem Geld zukünftiger Generationen lösen will, hat Generationengerechtigkeit nicht verstanden.“
Während der Corona-Krise sei die Verschuldung stark gestiegen, gleichzeitig müsse der Staat erhebliche Pensionslasten schultern, wie neue Zahlen gerade erst gezeigt hätten, so Klein. „Dies alles zeigt, dass die Union dringend aufgefordert ist ihr Verhältnis zu unsicheren Kantonisten mit Blick auf solide Finanzpolitik zu klären.“
Im Unions-Wahlprogramm steht eigentlich klar gsechrieben, an der Schuldenbremse festhalten zu wollen. Eine kleine Hintertür hatte sich aber auch Laschet offengehalten. Auch wenn er den „Deutschlandsfonds“ nicht mehr offiziell fordert, ausgeschlossen hat er ihn bis heute auch nicht.
Neue Regierung muss Haushaltslöcher stopfen
Auch Laschet weiß: Die neue Regierung wird anders als die Große Koalition nicht großartig Geld verteilen können, im Gegenteil. Sie wird zunächst vor allem damit beschäftigt sein, Haushaltslöcher zu schließen.
Große Ausgabensprünge sind deshalb nicht drin. Dann stellt sich allerdings die Frage, wie höhere Investitionen finanziert werden sollen, wenn gleichzeitig die Schuldenbremse eine Verschuldung vor nur rund zehn Milliarden in den nächsten Jahren pro Jahr grob zulässt.
Vor dieser Frage stehen auch SPD und Grüne, sollten sie in die Regierung einziehen. SPD-Kanzlerkandidat Scholz will zwar vorerst an der Schuldenbremse festhalten, weil er die notwendige Zweidrittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat für eine Verfassungsänderung nicht für realistisch hält. Allerdings will die SPD die staatliche Förderbank KfW zu einen großen Investitionsbank umbauen. Dies wäre ein Weg, die Schuldenbremse zu umgehen.
Ähnliches wollen die Grünen. Sie fordern anders als die SPD in ihrem Wahlprogramm zwar eine Reform der Schuldenbremse. Doch wenn diese nicht möglich sei, wollen auch sie über Investitionsgesellschaften die Schuldenbremse umschiffen, um so über Schulden höhere Investitionen möglich zu machen.
Mehr: Die Schuldenbremse muss gerettet werden - ein Kommentar
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