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Wahlkampf-Pläne Ausbildungsumlage würde Kleinstunternehmen belasten – laut IW-Studie um mehr als 300 Millionen Euro

SPD, Grüne und Linke wollen Unternehmen für die Ausbildung zur Kasse bitten – egal, ob sie ausbilden oder nicht. Das Institut der deutschen Wirtschaft warnt vor der Umlage.
22.09.2021 - 09:29 Uhr 1 Kommentar
Auch Betriebe, die selbst keine Lehrstellen anbieten, sollen nach den Plänen von SPD, Grünen und Linken für die Ausbildung des Berufsnachwuchses in Deutschland zahlen. Quelle: imago images/Rupert Oberhäuser
Auszubildende

Auch Betriebe, die selbst keine Lehrstellen anbieten, sollen nach den Plänen von SPD, Grünen und Linken für die Ausbildung des Berufsnachwuchses in Deutschland zahlen.

(Foto: imago images/Rupert Oberhäuser)

Berlin Angesichts des Einbruchs am Lehrstellenmarkt fordern SPD, Grüne und Linke in ihren Wahlprogrammen eine Ausbildungsumlage: Alle Unternehmen zahlen in einen Topf ein, aus dem dann ausbildende Betriebe für ihre Bemühungen finanziell entschädigt werden.

Für die drei Parteien ist das eine Frage der Gerechtigkeit. Und sie verbinden mit der Abgabe die Hoffnung, dass wieder mehr Unternehmen ausbilden. Denn von 2009 bis 2019 ist das Ausbildungsplatzangebot um etwa 30.000 auf 578.000 zurückgegangen, im Corona-Jahr 2020 wurden nochmals 50.000 Plätze weniger angeboten.

Die Wirtschaft dagegen hält nichts von der Idee einer Abgabe, für die es bereits in den 1970er- und 2000er-Jahren politische Vorstöße gab. Unterstützung erhält sie nun vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Es zeigt in einer Modellrechnung, dass eine Umlage zu Verzerrungen und vor allem zu einer „massiven Belastung von Kleinstbetrieben“ führen würde.

Betriebe mit fünf bis neun Beschäftigten würden um 250 Millionen Euro entlastet

Der IW-Kurzbericht, der dem Handelsblatt exklusiv vorliegt, basiert auf Kostenerhebungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) in Kombination mit Ausbildungszahlen des Jahres 2018. Würde man die entstandenen Personalkosten für die Ausbildung auf alle Betriebe umlegen, müssten Kleinstbetriebe mit ein bis vier Beschäftigten unter dem Strich 317,5 Millionen Euro mehr aufbringen.

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Die Umlagebeiträge für Unternehmen dieser Größe lägen damit um 26,5 Prozent höher als ihre bisherigen durchschnittlichen Aufwendungen für die Personalkosten von Auszubildenden. Das liegt vor allem daran, dass viele dieser Kleinstbetriebe bisher nicht ausbilden wollen, weil sie keine Fachkräfte benötigen, oder gar nicht können. Denn deutlich mehr als die Hälfte verfügt nicht über die notwendige Ausbildungserlaubnis.

Die Gruppe der Betriebe mit fünf bis 19 Beschäftigten hat eine höhere Ausbildungsquote. Sie würde durch eine Umlage um fast 250 Millionen Euro entlastet werden. Mehrkosten ergäben sich – neben den Kleinstunternehmen – noch für Betriebe mit 20 bis 49 Beschäftigten und 100 bis 499 Beschäftigten, den übrigen winken Entlastungen. Profitieren würden somit auch Großunternehmen mit mindestens 500 Beschäftigten.

Auf der Grundlage der Zahlen von 2018 würden ausbildende Kleinbetriebe mit bis zu neun Mitarbeitenden durch die Umlage im Schnitt 4366 Euro Gewinn je Auszubildenden und Jahr erwirtschaften. Für Betriebe mit zehn bis 49 Beschäftigten wären es noch 2485 Euro.

Nach Ansicht der IW-Forscher geht eine Ausbildungsumlage aber am Kernproblem vorbei. Für sie ist die größte Schwierigkeit, dass passende Bewerbende knapp sind und die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen noch stärker gesunken ist als das Angebot. „Eine Umlagefinanzierung ist nicht die richtige Maßnahme, um die Zahl der Auszubildenden zu steigern“, sagt Dirk Werner, der am IW das Kompetenzfeld Berufliche Qualifizierung und Fachkräfte leitet. Stattdessen benötigten insbesondere kleine und mittlere Unternehmen Unterstützung bei der Rekrutierung.

Kleine Betriebe, die keine passenden Bewerber finden, würden sanktioniert

Kleine Unternehmen, die keine Auszubildenden finden, würden durch die Einführung einer Umlage sanktioniert, warnt Werner. Außerdem drohe die Umlage den Marktmechanismus zu gefährden. Denn manche Unternehmen könnten versucht sein, die Umlage zu umgehen oder gar an ihr zu verdienen. Im Zweifel werde dann in Berufen ohne Fachkräfteengpässen über den Bedarf hinaus ausgebildet – mit der Gefahr, dass die Jugendarbeitslosigkeit steigt.

Denn durch die Umlage wäre für deutlich mehr Betriebe eine Ausbildung mit Nettoerträgen anstatt Nettokosten verbunden – das Investitionsmotiv würde deutlich in den Hintergrund rücken. Denkbar sei zudem, dass die Ausbildungsqualität leide, wenn es nicht mehr um die langfristige Beschäftigung von gut qualifizierten Fachkräften gehe, sondern darum, schon während der Ausbildungszeit Gewinne zu machen.

Der Einbruch der Zahl der Lehrstellen beschäftigt im Wahlkampf allerdings nicht nur Grüne, SPD und Linke. Die FDP macht sich für eine „Zukunftsgarantie“ für junge Menschen stark, die keinen Ausbildungsplatz finden. Dafür soll unter anderem in Regionen mit geringem Lehrstellenangebot die außerbetriebliche Ausbildung gestärkt werden.

Mehr: Vom besseren Ansehen bis hin zur Garantie: Was die Wahlprogramme für Ausbildung und Weiterbildung versprechen

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1 Kommentar zu "Wahlkampf-Pläne: Ausbildungsumlage würde Kleinstunternehmen belasten – laut IW-Studie um mehr als 300 Millionen Euro"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Erst das Studium an den Hochschulen zum allein seelig machenden erklären, die Anforderungen über Jahre runterfahren, damit auch jeder Abitur macht und studieren kann/muss (nicht unbedingt auch will) und nun?

    Großes Theater, dass zuwenig Ausbildungsplätze angeboten werden und es auch tatsächlich immer weniger Bewerber gibt.
    Irgendwas läuft doch da falsch.

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