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Inflation Warum die Preise in Europa genauso wie in den USA steigen könnten

Die EU-Kommission gibt in ihrer Konjunkturprognose beim Thema Inflation Entwarnung. Doch einige Ökonomen fürchten, dass eine ganz andere Entwicklung droht.
11.11.2021 - 17:07 Uhr 1 Kommentar
Mittlerweile stellt sich die Frage, ob aus den vorübergehenden Effekten eine dauerhafte Inflationsentwicklung entsteht. Quelle: BLOOMBERG
Preisentwicklung

Mittlerweile stellt sich die Frage, ob aus den vorübergehenden Effekten eine dauerhafte Inflationsentwicklung entsteht.

(Foto: BLOOMBERG)

Berlin, Brüssel In den USA scheinen sich die Sorgen zu bestätigen: Um 6,2 Prozent sind dort die Preise im Oktober in die Höhe geschossen, es ist der höchste Anstieg seit 30 Jahren. US-Präsident Joe Biden gerät immer stärker unter Druck. „Es ist eine Toppriorität für mich, diesen Trend zurückzudrehen“, versprach er am Mittwoch.

Die Preissignale aus den USA werden in Europa genau verfolgt. Sie sind ein Warnzeichen, denn auch in der EU sind die Verbraucherpreise zuletzt ungewöhnlich stark gestiegen. Für Oktober haben die Statistiker von Eurostat eine Teuerungsrate von 4,1 Prozent ermittelt.

Dennoch gibt die EU-Kommission Entwarnung, vorerst zumindest. Amerikanische Inflationsverhältnisse in Europa sehen die Brüsseler Experten derzeit nicht. Die Inflation werde noch in diesem Jahr ihren Höhepunkt erreichen und dann allmählich wieder abflachen, sagte EU-Währungskommissar Paolo Gentiloni am Donnerstag bei der Vorstellung der Herbstprognose für die europäische Wirtschaft.

Im Jahresdurchschnitt rechnet die Kommission im Euro-Raum mit einer Inflationsrate von 2,4 Prozent. 2022 erwartet sie einen leichten Rückgang auf 2,2 Prozent. 2023 werde die Inflation mit 1,4 Prozent wieder unterhalb der Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent liegen.

Tatsächlich, da sind sich fast alle Ökonomen einig, basiert die aktuelle Teuerung vor allem auf vorübergehenden Effekten, etwa den hohen Gaspreisen, Engpässen in Schlüsselbranchen wie der Chipindustrie und gestörten internationalen Lieferketten.

Hohe Immobilienpreise unter dem Radar

Doch mittlerweile stellt sich die Frage, ob aus den vorübergehenden Effekten eine dauerhafte Entwicklung entsteht. „Es gibt viele gute Gründe für einen langfristigen Inflationsdruck in Europa“, sagt Gunther Schnabl, Leiter des Instituts für Wirtschaftspolitik in Leipzig.

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Das zeigt sich auch am Vergleich mit den USA. Zwar bestehen strukturelle Unterschiede zur EU, die sich auch in der Preisentwicklung widerspiegeln. Doch spricht einiges dafür, dass die anziehenden Preise in den USA sich auch in Europa zeigen werden. Der Vergleich der Konjunkturzyklen zeigt, dass Europa ein paar Monate hinter der Entwicklung in den USA zurückbleibt.

Hinzu kommt ein methodischer Unterschied, der zu einer automatisch niedrigeren Inflationsrate in der EU führt. In den USA haben die hohen Immobilienpreise einen Einfluss auf die Inflation, weil die Preise für selbst genutztes Wohneigentum in den Verbraucherpreisindex eingehen. „Bis zu einem halben Prozentpunkt Inflation dürfte das ausmachen“, sagt Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING-Bank.

Künftig sollen selbst genutzte Immobilien auch in Europa beachtet werden, die Prognosen wie die aktuelle der EU-Kommission bilden das aber nicht ab. Der Preisindex für selbst genutztes Wohneigentum stieg im zweiten Quartal um rund zwei Prozent auf einen Rekordwert seit Start der Datenreihe vor 21 Jahren.

Was die Situation Europas gegenüber den USA bislang unterschieden hat, waren die fiskalpolitischen Impulse. US-Präsident Biden hat viel Geld in die Hand genommen, um die Wirtschaft anzukurbeln – und damit insbesondere den Konsum der US-Amerikaner befeuert. Die EU-Staaten zeigten sich dahingehend bislang zurückhaltender, sie setzten eher auf Investitionsprogramme, denen ein geringerer Inflationseffekt zugewiesen wird.

Ökonomen wie Schnabl fürchten jedoch, dass sich die Europäer die laxe Ausgabenpolitik der USA zum Vorbild nehmen könnten. Die von vielen Mitgliedstaaten angestrebte Reform des EU-Stabilitätspakts könnte dafür sorgen, dass der Konsum auch in Europa noch stärker von den Staaten angeheizt wird. Dieses Argument ist jedoch noch spekulativ. Die Debatte um eine Anpassung der Schuldenregeln hat gerade begonnen, erst im kommenden Jahr will die Kommission einen Vorschlag vorlegen.

Reaktion der Geldpolitiker gefordert

Ein wichtiger Faktor ist die Inflationserwartung. Entkoppelt sich die Sorge vor Preisanstiegen von dem eigentlichen Inflationsgeschehen, kann sie selbst erfüllend werden und die Inflation treiben. „Diese Gefahr besteht in den USA und im Euro-Raum. Um so eine Entkoppelung zu verhindern, benötigt man eine gut kommunizierte Normalisierungsstrategie“, meint Brzeski.

Während die US-Notenbank Fed genau diesen Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik eingeleitet hat und zuerst ihre Anleihekäufe herunterfahren will, beharrt die EZB weiter auf ihrem expansiven Kurs.

Das könnte in der Bevölkerung die Erwartung von weiter steigenden Preisen schüren. Brzeski rechnet damit, dass die EZB im Dezember nachziehen wird. Einen ersten Schritt machte Ratsmitglied Robert Holzmann am Donnerstag, als er das Ende der Anleihekäufe für September 2022 in Aussicht stellte.

Risiken bleiben also, auch Gentiloni räumte das ein und betonte, die Kommission werde die Entwicklung der Preise „genau im Blick halten“. Insgesamt aber zeichnete er ein positives Bild von der wirtschaftlichen Lage. Es gebe bisher keine Anzeichen für eine Lohn-Preis-Spirale, bei der mehr Inflation zu steigenden Löhnen und diese wiederum zu noch mehr Inflation führen.

Wohl aber zeigen die Daten nach Auffassung der Kommission, dass die Konjunktur immer besser in Gang komme. Die EU werde das Vorkrisenniveau ihrer Wirtschaftskraft schneller als erwartet wieder erreichen, sagte Gentiloni. In diesem Jahr werde das Wachstum in der EU fünf Prozent betragen, im kommenden noch 4,3 Prozent. Für den Euro-Raum erwartet die EU die gleichen Werte.

Deutschland fällt immer mehr hinter seinen Nachbarn zurück

Allerdings tun sich deutliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten auf. Deutschland, lange der Wachstumsmotor des Kontinents, fällt immer deutlicher hinter seine Nachbarn zurück. Während die französische Wirtschaft in diesem Jahr um 6,5 Prozent und die italienische Wirtschaft um fast 6,2 Prozent zulegt, beträgt das für die Bundesrepublik erwartete Wachstum gerade einmal 2,7 Prozent.

Als Gründe führt die Kommission Lieferengpässe und Produktionsprobleme an, die Deutschland besonders stark getroffen hätten. Hinzu kommt, dass die deutsche Wirtschaft weniger unter der Krise gelitten und damit nun weniger aufzuholen hat. 2021 werde die Konjunktur in Deutschland wieder stärker in Gang kommen, prognostiziert die Kommission. Doch ob sich diese Erwartung erfüllt, hängt insbesondere auch von der Inflationsentwicklung ab.

Mehr: OECD-Chefökonomin warnt vor „hochgradig unsicherer Phase“ bei Inflation

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1 Kommentar zu "Inflation: Warum die Preise in Europa genauso wie in den USA steigen könnten"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Die Grafik zeigt doch schon, daß das Gesabbels der EU-Granden überholt ist. Zahlen Herbst 2021 -Inflationsrate > 4,2%. Bisher war es immer so, ( ich habe in 90-igern jahrelang in USA & Kanada gelebt) daß was in den USA geschah mit Verspätung von 1-2 Jahren hier aufgetaucht ist. Ob das Lifestyle war oder Wirtschaft. Heutzutage geht es natürlich schneller. Die Milchmädchen Rechnungen der EU sollen natürlich ( man berücksichtige die Quellen) die EU- Schuldenbuckel begünstigen. Immer das gleiche Spiel.

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