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Redstone-Auswertung Warum Berlin die Start-up-Hochburg Deutschlands ist

Eine exklusive Auswertung zeigt: Die Stärke der Berliner Start-ups basiert auch auf erfahrenen Mehrfachgründern. Davon können andere Städte lernen.
18.05.2021 - 03:52 Uhr Kommentieren
Die Gründer in Berlin sind im Schnitt deutlich erfahrener als die Gründer in den anderen deutschen Städten. Quelle: dpa
Blick über Berlin

Die Gründer in Berlin sind im Schnitt deutlich erfahrener als die Gründer in den anderen deutschen Städten.

(Foto: dpa)

Hamburg Die deutsche Start-up-Szene hat einen klaren Schwerpunkt: Berlin. Während Start-ups in ganz Deutschland im ersten Quartal die Rekordsumme von rund drei Milliarden Dollar einsammelten, flossen 1,5 Milliarden Dollar davon in die Bundeshauptstadt.

Das hat einen Grund: Die Gründer in Berlin sind im Schnitt deutlich erfahrener als die Gründer in den anderen deutschen Städten. Sie gehen daher in der Regel komplexere Themen an und kommen leichter an Geld. Das zeigt eine Datenauswertung zum Vergleich zwischen Erst- und Mehrfachgründern, die die Risikokapitalfirma Redstone exklusiv für das Handelsblatt durchgeführt hat.

Die Erkenntnisse daraus sind für Wirtschaftsförderer in ganz Deutschland relevant, die den Abstand zu Berlin verringern wollen. Es reicht nicht, lediglich junge Gründer zu fördern. Mindestens genauso wichtig ist die Pflege von Netzwerken in der Gründerszene, damit Gründer voneinander lernen können.

Redstone hat für das Handelsblatt Daten von knapp 14.400 Gründern, darunter mehr als 1500 Mehrfachgründer, gut 8900 deutschen Start-ups und knapp 5900 Transaktionen aus den vergangenen zehn Jahren analysiert. Laut den Redstone-Daten zeigt sich besonders in der frühen Phase nach der Gründung eines Start-ups der Vorteil der Netzwerke von Mehrfachgründern. In der ersten Finanzierungsphase, den sogenannten Seed-Runden, bekommen diese 1,69 Millionen Euro Risikokapital – im Schnitt also fast 50 Prozent mehr als Erstgründer. Zudem gelingt es ihnen öfter, große Wachstumsrunden zu erreichen.

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Das zeigt: Mehrfachgründer werden im Start-up-Ökosystem längst nicht mehr als im ersten Anlauf Gescheiterte wahrgenommen. Viele haben einfach bereits einen erfolgreichen Exit hingelegt – etwa ihr junges Unternehmen verkauft.

Diese Mehrfachgründer haben durch ihre Erfahrung und Netzwerke einen klaren Startvorteil. Den nutzen sie, um komplexere Themen anzugehen. So starten Mehrfachgründer deutlich häufiger in den Bereichen Fintech oder Business-Software als unerfahrene Gründer, wie die Redstone-Daten zeigen. Davon wiederum profitiert vor allem der sowieso schon starke Standort Berlin.

Angel-Investoren helfen unerfahrenen Gründern

Ein Beispiel dafür ist Lawrence Leuschner. Er hat den ambitionierten E-Roller-Anbieter Tier mitgegründet – und profitierte dabei von seiner Erfahrung als Gründer des Gebrauchtelektronikhändlers Rebuy, mit dem er einen Umsatz von 100 Millionen Euro erreichte. Leuschner war also in der Szene bereits bekannt, als er 2018 mit Tier startete. 388 Millionen Dollar Risikokapital sind laut dem Datenbankanbieter Crunchbase bislang in das Start-up geflossen.

Heute investiert Mitgründer Leuschner mit seinem Fonds Blue Impact selbst in junge Unternehmen. „Die Gründer können natürlich nicht nur finanziell profitieren, vielmehr geht es um den Erfahrungsschatz, den wir als Gründer von erfolgreichen Unternehmen teilen und weitergeben können“, sagt er dem Handelsblatt.

Leuschner will verstärkt auch außerhalb von Berlin nach Investitionsmöglichkeiten Ausschau halten. „Bedingt durch die Pandemie findet der Austausch vermehrt digital statt, und so wird es auch für Gründer außerhalb von Berlin immer einfacher, Zugang zu Investoren und Business Angels zu bekommen“, sagt er. „Ich hoffe, dass der Standort in Zukunft eine viel kleinere Rolle spielen wird und sich die besten Ideen durchsetzen und Aufmerksamkeit bekommen – egal, ob aus Berlin oder aus anderen Teilen von Deutschland.“

Auch David Nothacker, Mitgründer der Berliner Digitalspedition Sennder, ist inzwischen selbst als Angel-Investor tätig – und sucht bewusst außerhalb der „Blase Berlin“ nach Investments. So hat er beispielsweise in die Gütersloher Schüttgut-Plattform Schüttflix und die Karlsruher Schul-App Sdui investiert.

Solche engagierten Frühinvestoren können Erstgründern helfen, den Nachteil gegenüber erfahrenen Mehrfachgründern auszugleichen. Denn für die Angel-Investitionen spielt es kaum eine Rolle, ob die jeweiligen Gründer bereits Start-up-Erfahrung haben oder nicht: Laut den Redstone-Daten investieren Angels in beiden Fällen im Schnitt etwa 600.000 Euro in die jungen Unternehmen. Offenbar glauben sie, mit ihrer eigenen Erfahrung den Unterschied ausgleichen zu können.

Er könne bei seinen zehn Angel-Investitionen vor allem bei Themen helfen, die institutionelle Kapitalgeber weniger auf dem Schirm hätten, bestätigt Nothacker: „Beispielsweise dabei, wie man Konflikte im Gründerteam löst, wie man Investoren und den Fundraising-Prozess handhabt oder gerade auch bei Themen wie Vergütungspakete unter Gründern.“

Seine Motivation dafür sind seine eigenen Gründererfahrungen: „Es war die Investition eines Business Angels, die uns in der frühen Phase von Sennder vor der Insolvenz gerettet hat. Andere Gründer, wie die von Flixbus, haben uns nicht nur mit Kapital, sondern auch mit ihrer Erfahrung beim Aufbau und Wachstum zur Seite gestanden und unterstützt“, berichtet Nothacker.

Factory Berlin geht nach Hamburg, Leipzig und Düsseldorf

Nico Gramenz und Martin Eyerer sind professionelle Netzwerker. Die beiden Geschäftsführer der Factory Berlin verbinden 4000 Mitglieder in Berlin – darunter die Hälfte Soloselbstständige, Start-ups und größere Unternehmen. „In neun Jahren Factory haben wir aus Fehlern gelernt und nun eine Methode, die sich übertragen lässt“, sagt Eyerer. Daher expandiert Factory Berlin nun in weitere deutsche Städte.

Anfang Mai eröffneten die beiden ihre erste Filiale. In Hamburg nutzen sie dafür den bereits länger geplanten Digitalcampus Hammerbrooklyn, einen ehemaligen Expo-Pavillon an einem aufgegebenen Hafenbecken in der Nähe des Hauptbahnhofs. In verglasten Büros kommt unter anderem das Deutschlandteam des Schweizer E-Bike-Sharingdienstes Bond unter, als Industriepartner sind die Bahn und Beiersdorf dabei. Am „längsten Tisch der Stadt“, der sich durch das gesamte Gebäude zieht, wollen sie nach dem Ende der Pandemie möglichst viele Menschen zusammenbringen.

Kernidee ist es, Start-ups, Soloselbstständigen und etablierten Unternehmen einen Ort für den Austausch zur Verfügung zu stellen – mit Arbeits- und Kommunikationsräumen sowie Veranstaltungen. In Hamburg hat die Mitgliederwerbung begonnen. Bislang sind dort 21 Bewerbungen für Mitgliedschaften eingegangen. Die rund 4000 Mitglieder in Berlin sind ein Grund, weshalb auch Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann den Kontakt zur Factory sucht.

Tatsächlich muss Hamburg mehr tun, um Gründer in der Stadt zu halten. Während laut der Redstone-Analyse in Berlin auf 5,3 unerfahrene Gründer ein Mehrfachgründer kommt, ist in Hamburg nur jeder zwölfte Gründer ein Wiederholungstäter. Doch bundesweit ist der Anteil von Mehrfachgründern noch kleiner.

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Daher wollen der Musikproduzent Eyerer und der frühere Siemens-Manager Gramenz ihre Factory in weitere deutsche Städte bringen. In Düsseldorf und Leipzig suchen sie bereits nach passenden Immobilien, in denen sie Digital- und Kreativwirtschaft miteinander vernetzen wollen – und die Brücke nach Berlin schlagen.

Das ergibt laut den Daten Sinn: In Düsseldorf etwa zählt Redstone 249 Erstgründer in der Datenbank, aber nur 34 Mehrfachgründer. In Leipzig ist das Verhältnis mit 147 zu sieben noch größer. Das liegt auch daran, dass Berlin eine hohe Anziehungskraft für Seriengründer hat, die den Standort wechseln: Der Delivery-Hero-Mitgründer Lukasz Gadowski beispielsweise gründete sein erstes erfolgreiches Start-up Spreadshirt noch in Leipzig – und zog danach in die Hauptstadt.

„Wir können durch die Vernetzung von Start-ups, Unternehmen, Industrie, Wissenschaft, Kunst und Musik erreichen, dass mehr Geld in Start-ups investiert wird“, verspricht Factory-Chef Gramenz. In den vergangenen drei Jahren sei rund eine Milliarde Dollar in die Start-ups aus dem Factory-Ökosystem geflossen. Ein Vorteil der Factory sei, dass der intensive Kontakt zur Berliner Szene bereits da sei – und nun ins übrige Land ausgeweitet werden könne.

Die Redstone-Daten belegen das existierende Potenzial. Die Berliner Risikokapitalfirma nutzt ihren umfangreichen Datensatz auch, um Risikokapitaltöpfe von Unternehmen zu managen.

Mehr: „Hamburg ist Meister der Selbsttäuschung“ – Die Gründerszene rechnet ab

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