Wachwechsel So ordnet Ulrich Lehner seine Nachfolge im Aufsichtsrat der Telekom

Die Leitung des Aufsichtsrats der Telekom ist eine der wichtigsten Funktionen, die in der deutschen Unternehmenswelt zu vergeben sind.
Düsseldorf Zwölf Jahre nach der Übernahme des Amts bereitet Ulrich Lehner den Wechsel an der Spitze des Aufsichtsrats der Deutschen Telekom vor. Auf der kommenden Hauptversammlung im März werde er den Aktionären den Fahrplan für die Nachfolgeregelung vorstellen, erfuhr das Handelsblatt aus informierten Kreisen.
Lehner wird zwar seine Pläne vorstellen, seinen schnellen Abschied von der Position des Aufsichtsratsvorsitzenden wird es aber nicht geben. Seine Amtszeit läuft noch bis zur Hauptversammlung im Jahr 2022 – und die Zeit wolle er auch ausschöpfen, hieß es aus seinem Umfeld. Lehner selbst wie auch die Telekom wollten sich nicht dazu äußern.
Dass der 73-Jährige beim nächsten Aktionärstreffen aber nun eine gewisse Klarheit schafft, scheint nötig geworden zu sein. Denn innerhalb des Aufsichtsrats wird laut Beteiligten immer öfter und offener über den künftigen Vorsitz des Kontrollgremiums gesprochen.
„Es ist jetzt einerseits nicht so, dass Ulrich Lehner dazu aufgefordert worden wäre, endlich abzutreten. Aber andererseits mehren sich eindeutig die Stimmen, die in Anlehnung an Lehners Alter erwarten, dass er den Übergabeprozess nun zügig einleitet und dann auch umsetzt“, sagte ein Vertreter der Kapitalseite dem Handelsblatt.
Die Leitung des Aufsichtsrats des Bonner Konzerns ist eine der wichtigsten Funktionen, die in der deutschen Unternehmenswelt zu vergeben sind. Mehr noch als ihre Marktmacht ist die politische Komponente bedeutsam. Auch Jahrzehnte nach dem Börsengang des Konzerns ist der Bund weiter mit 32 Prozent an dem Unternehmen beteiligt.
Lehner mit „richtigem Maß“
Zwei Abgesandte der Bundesregierung sitzen im Aufsichtsrat und vertreten dort die Interessen des Landes. Wer auch immer das Amt des Kontrollgremiumvorsitzenden ausübt, muss auf die Befindlichkeiten der Regierung in Berlin Rücksicht nehmen. Lehner selbst hat dabei aus Sicht einiger Aufsichtsratskollegen exakt „das richtige Maß“ gefunden.
Die Kommunikation mit dem Bund sei in all den Jahren überraschend geräuschlos gelaufen, sagte ein Kontrolleur. Dies dürfte einer der Gründe sein, warum Lehner nun auch aktiv die Suche nach seinem Nachfolger betreiben könne. Alternativ wäre denkbar gewesen, dass die Bundesregierung als größter Aktionär die Auswahl für die Position im Alleingang trifft.
Wahrscheinlich aber würde eine derart vor allem politisch motivierte Entscheidung bei anderen großen Aktionären wie den Fonds auf scharfe Kritik stoßen, die auch auf einer Hauptversammlung zur Sprache kommen würde, sagte ein Beteiligter.
Der zukünftige Aufsichtsratschef müsste neben der Fähigkeit, die Interessen der Politik zu berücksichtigen (Stichwort: Dividendenpolitik), eine Reihe weiterer Kriterien erfüllen. Lehner selbst hat einmal im kleinen Kreis beschrieben, wie er das Profil des idealen Kandidaten sieht. Neben einer breiten Fachkenntnis und Erfahrung in Aufsichtsgremien gehört dazu eine Historie als Vorstandschef in einem Konzern.
Eine Jobbeschreibung, die auch auf ihn selbst zutrifft, hatte Lehner doch zuvor den Konsumgüterkonzern Henkel geleitet. Wenn die Aktionäre am 26. März in Bonn zur nächsten Hauptversammlung zusammenkommen, dann dürfte Lehner dort den versammelten Eigentümern seine Vorstellungen für einen geregelten Prozess präsentieren.
Ex-BMW-Chef Krüger gilt als Favorit
In den darauffolgenden Monaten würden die Kandidaten gesichtet und würde eine Auswahl getroffen. Bis zur Hauptversammlung im Jahr 2021 würde der Prozess wohl abgeschlossen sein. Und die Aktionäre würden spätestens dann Klarheit haben, wer das wichtige Amt im Jahr 2022 von Lehner übernimmt, wie es in Kreisen des Aufsichtsrats hieß.
Der Wachwechsel bei der Telekom würde demnach wohl geräuschlos verlaufen können. Auch wenn weiterhin die Frage im Raum stehen könnte, ob Lehner sich nicht vielleicht doch früher von dem Amt zurückzieht, hieß es.
Absehbar ist, dass der Vorsitz von einem Kandidaten besetzt werden dürfte, der bereits jetzt Mitglied des Aufsichtsrats ist.
Gleich drei aktuelle Mitglieder erfüllen die Kriterien: erfahren im Umgang mit der Politik, interessiert an Technik und erprobt in der Führung eines Vorstands. Es sind Michael Kaschke, Chef von Carl Zeiss, Ex-Software-Boss Karl-Heinz Streibich sowie der Automanager Harald Krüger. Als Reservekandidat wäre noch Lars Hinrichs zu nennen, der Gründer des Karriereportals Xing.
Als Favorit gilt im Kreis der Aufseher der langjährige BMW-Chef Krüger. Dieser genießt im Gremium die allerbeste Reputation – sowohl auf der Kapitalseite wie auch bei den Arbeitnehmern.
„Krüger ist als langjähriges Mitglied des Aufsichtsrats mit der Telekomthematik schon bestens befasst und bringt als ehemaliger Vorstandsvorsitzender von BMW auch die nötige Erfahrung im Umgang mit Aktionären und den Finanzmärkten mit“, lobt ein langjähriges Mitglied des Telekom-Aufsichtsrats.
Zwei Amtszeiten für Krüger möglicher
Außerdem würde Krüger stark „integrative Eigenschaften“ besitzen sowie genügend Empathie, um den digitalen Transformationsprozess auch mit Blick auf Anpassungen in der Belegschaft voranzutreiben, sagte der Kontrolleur.
Mit einem Alter von 54 Jahren wäre Krüger zudem in der Lage, mindestens zwei Amtszeiten als Aufsichtsratsvorsitzender zu übernehmen. Krüger hatte seinen Posten bei BMW im vergangenen Jahr vorzeitig an seinen Nachfolger Oliver Zipse übergeben.
Als ein Grund wurde genannt, dass er bei der Transformation des Konzerns womöglich nicht konsequent genug sein könnte. Eine Eigenschaft, die er bei der Telekom allenfalls begleitend und moderierend benötigen würde, verfolgt doch Konzernchef Timotheus Höttges die Firmenziele bereits mit einer gewissen Härte.
Bei einer Wahl von Krüger käme es allerdings zu einer in der deutschen Industrie ungewöhnlichen Konstellation: Höttges ist 57 Jahre alt. Der Jüngere würde also den Älteren kontrollieren. Die anderen Kandidaten auf der Liste hätten dieses Problem nicht. Streibich ist 68 Jahre alt, Kaschke 62.
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