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NFTs1,1 Millionen Dollar bei Christie's – Wie Blockchain-Kunst zum Hype wurde

Immer mehr Galerien entdecken digitale Kunst als Geschäftsmodell. Sie glauben, dass NFTs nur ein weiterer Ausspielweg für Künstler sind – und vermischen sie mit physischen Werken.Christian Wermke 05.05.2023 - 16:25 Uhr Artikel anhören

Sein Erfolgs-NFT „Twin Flames“ kostet heute auf dem Zweitmarkt Opensea rund 93.000 Euro.

Foto: Handelsblatt

Berlin. Justin Aversano ist ein Rockstar in der digitalen Kunstszene. Auf einen Schlag berühmt machten den Amerikaner seine „Twin Flames“, 100 Fotos von Zwillingen, die er als NFTs verkaufte, als digitale Eigentumszertifikate auf der Blockchain. Um 900 Euro lag vor zwei Jahren der Verkaufspreis pro Stück.

Eines der Motive wurde später für 1,1 Millionen Dollar bei Christie’s versteigert. Wer heute auf dem NFT-Zweitmarkt Opensea eines der „Twin Flames“ kaufen will, muss mindestens 55 Ether bezahlen – beim heutigen Wert der Kryptowährung sind das rund 93.000 Euro.

Vor zwei Jahren begann der millionenschwere Hype um NFTs, befeuert durch Affen-Bildchen des Bored Ape Yacht Clubs und der pixeligen Crypto Punks, die als Eintrittskarte in eine exklusive Sammlergemeinschaft gelten. Dann kam im Sommer 2022 der „Kryptowinter“: Die Kryptokurse brachen ein, die Zahl der NFT-Verkäufe ging zurück, viele Projekte verloren drastisch an Wert.

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Trotzdem ist der Markt für digitale Kunst nicht tot: Museen wie das LACMA in Los Angeles oder das Centre Pompidou in Paris nehmen NFTs in ihre Ausstellungen auf. Jede Woche werden Tausende neue Kunst-Unikate gemintet – also auf der Blockchain erstellt. Einige Galerien haben das digitale Geschäft längst für sich entdeckt und vermischen es mit physischer Kunst – vor allem in Berlin.

Aversano, Jahrgang 1992, läuft Ende April durch den Ausstellungsraum von „Expanded.Art“. Hier in der Friedrichstraße, nicht weit vom Einkaufstempel Galleries Lafayette, sind seine 78 Fotos nicht etwa auf digitalen Screens zu sehen – sondern hinter Glas gerahmt, gedruckt auf Papyrus. „Smoke and Mirrors“ heißt die Kollektion, die hier noch bis 17. Mai zu sehen ist, Aversanos erste Show außerhalb der USA. Jedes Motiv steht für eine Tarotkarte, darauf sind Wegbegleiter, Freunde und Familie des Künstlers abgelichtet.

NFTs erlauben unmittelbaren Kontakt zu den Sammlern

„Ich lasse mich nicht von der NFT-Idee leiten“, erklärt Aversano. Er hätte das Konzept auch entwickelt, wenn es die non-fungiblen Token nicht gäbe. „Es ist nur ein weiterer Kanal.“ Schon 2019 habe er erfolgreiche Ausstellungen gemacht, damals noch rein physisch. Das Besondere an der digitalen Kunst ist für ihn das Feedback, der unmittelbare Kontakt mit den Käufern, das Aufbauen einer Online-Community. „NFT-Sammler können sich mit meiner Kunst verbinden, sie nehmen meine Arbeit an, reagieren darauf, stellen eine Verbindung zu mir her.“

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Für einen Ether, derzeit rund 1700 Euro, verkauft Aversano seine Tarot-NFTs samt Papyrusbild. Ein Geschäft, von dem auch Expanded.Art profitiert. „Bei Justin sieht man, wie wichtig erfolgreichen NFT-Künstlern auch das Physische ist“, sagt Kuratorin Anika Meier, die bei der Galerie für das Programm zuständig ist. „Man braucht einen Ausstellungsraum, um die Leute zusammenzubringen, um Kunst nicht nur als Jpegs auf Bildschirmen zu zeigen.“ Meier will auch Skeptiker in die Galerie ziehen, ihnen die Technologie zeigen.

Die Firma ist noch jung. 2021 gründete der Galerist Johann König den Vorläufer misa.art, ein Onlinemarktplatz für Künstler. Schon im ersten Jahr lag der Umsatz bei vier Millionen Euro, das Geschäft trug sich von Anfang an. 2022 waren es 1,5 Millionen Euro, in diesem Jahr hat Expanded.Art bis dato rund 800.000 Euro umgesetzt und gerade einen zweiten Ausstellungsraum eröffnet.

Bis 17. Mai ist hier die erste Europa-Ausstellung („Smoke and Mirrors“) von NFT-Künstler Justin Aversano zu sehen.

Foto: Handelsblatt

„Digitale Kunst war lange ein Nischenthema“, sagt Meier, die in Heidelberg Kunstgeschichte studiert hat. Niemand habe geglaubt, dass man damit Geld verdienen kann. „Aber Fotografie, Videokunst, das ganze Internet wurden anfangs auch abgelehnt.“ NFTs seien auch nicht einfach vom Himmel gefallen. „Generative Art, Gifs, die Meme-Kultur, das alles gibt es schon seit Ewigkeiten.“

Digitale Kunst ist kein Hype – sie bleibt

70 Künstler hat sie im Portfolio, darunter Digitalpioniere wie Kim Asendorf, Claudia Hart oder Jonas Lund. Editionen, also mehrere NFTs des gleichen Bildes, gibt es oftmals schon für um die 100 Euro. Unikate kosten zwischen 2000 und 15.000 Euro. Meiers bislang teuerster Verkauf war ein NFT für 80.000 Euro von Herbert W. Franke – der 2022 verstorbene Science-Fiction-Autor war einer der Wegbereiter in der Computerkunst.

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„Digitale Kunst ist kein Hype, der wieder weggeht“, ist die Galeristin Saskia Draxler überzeugt. „Genauso wenig wird das iPhone wieder verschwinden.“ NFTs müssten nicht zwingend ein eigenes künstlerisches Genre werden. „Aber es wird immer Künstler geben, die die Technologie nutzen.“ Ihre Galerie Nagel Draxler betreibt seit Anfang 2021 den „Crypto Kiosk“. Zwar macht sie noch 97 Prozent ihrer Umsätze mit nicht-digitaler Kunst. „Aber wir zahlen beim Digitalen nicht drauf, es lohnt sich.“

Das Geschäftsmodell ist variabel, die Künstler entscheiden, ob und wo sie NFT-Drops anbieten. Mitunter gibt es physische Werke, aber auch komplett digitale Ausstellungen – wie zuletzt von Rhea Meyers, bei der die Kunstwerke nur auf Bildschirmen zu sehen war.
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Auch in der Berliner Galerie Office Impart wird es künftig zwischen all den physischen Werken einen festen Ort geben, an dem digitale Kunst gezeigt wird. Schon 2020 kuratierten Anne Schwanz und Johanna Neuschäffer über die Plattform „Common Garden“ eine reine Online-Ausstellung. „Wir glauben an digitale Kunst, die durch die NFT-Technologie handelbar gemacht wurde“, sagt Schwanz. Für sie ist die Branche einer der wenigen Bereiche, in denen die Blockchain-Technologie eine sinnvolle Anwendung erfährt.

Zwischen zehn und 13 Künstlern betreuen die beiden. „Wir trennen da gar nicht mehr zwischen analog und digital. Der Ausspielweg ist künstlerische Freiheit.“ Die günstigsten Editionen verkaufen sie schon für um die 15 Euro pro NFT. Das teuerste Einzelwerk lag im Februar 2022 bei acht Ether – das entsprach damals rund 20.000 Euro.

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Das Interesse an digitaler Kunst wachse, aber noch immer gebe es viele Vorurteile. „Ich kann mir auch ein Poster von Gerhard Richter kaufen, aber das ist nicht dasselbe, wie das Werk zu besitzen“, erklärt Schwanz. Genauso sei es im Digitalen. „Klar kann man sich das Foto per Rechtsklick speichern, aber ich bin dann nicht der Besitzer, habe kein Zertifikat.“ Schwanz sammelt auch selbst NFTs. Vieles sei dabei, dass sie gar nicht physisch haben will. „Weil es digital am besten funktioniert.“

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Erstpublikation: 03.05.23, 16:57 Uhr.

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