Langen Foundation: Zehn Familienmitglieder sammeln weiter – aber nur, wozu sie Lust haben
Neuss-Hombroich. An einem Dienstagvormittag herrscht in der Langen Foundation meditative Ruhe. Nur wenige Besucher verlieren sich in den Räumen des Museums, dessen ikonische Architektur von Tadao Ando immer wieder verblüfft: Von außen wirkt der von niederrheinischen Äckern umgebene Bau kompakt; innen öffnen sich unerwartet weite Räume, deren Konzeption nach luftiger Präsentation verlangen.
In der Jubiläumsausstellung zum 20-jährigen Bestehen der Langen Foundation ist Kunst aus dem Privatbesitz von insgesamt zwölf Mitgliedern der Stifterfamilie ausgestellt. Zu sehen sind Objekte aus der Sammlung von Viktor und Marianne Langen sowie Werke aus dem Besitz ihrer Kinder und Enkelkinder mit Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts.
Der Rundgang beginnt mit dem Japan-Raum, der eine konzentrierte Auswahl der Asiatika-Sammlung der Langens präsentiert. Die Ausstellung zeigt neben der Japan-Kollektion weitere Objekte aus allen vom Stifterpaar bereisten Ländern. Die einzigartige Japan-Sammlung der Langens entstand, weil Viktor Langen beruflich viel in Japan unterwegs war. Der Unternehmer leitete den Automobilzulieferer Ehrenreich, einen jener „Hidden Champions“, die besonders vom Japan-Geschäft profitierten und früh japanische Managementmethoden adaptierten.
Die Asiatika sind einer der beiden Pfeiler der Sammlung des Meerbuscher Unternehmerehepaars. Der zweite ist die klassische Moderne und Kunst des 20. Jahrhunderts.
Als ihr „größtes Kunstwerk“ aber hat Stifterin Marianne Langen damals das Museumsgebäude bezeichnet, dessen Eröffnung vor 20 Jahren sie nicht mehr erleben durfte. Die Baukosten in Höhe von zehn Millionen Euro trug die Stifterin vollständig selbst; sie verkaufte einige Werke aus der Sammlung, um das Projekt finanzieren zu können, darunter einen Jackson Pollock von 1951.
In der Jubiläumsausstellung sind Arbeiten der klassischen Moderne zu sehen, darunter ein farbleuchtendes Frauenporträt von Alexej von Jawlensky, Werke von Robert Delaunay bis Paul Klee und eine Wand mit drei kraftvoll-expressiven Bildern von Jean Dubuffet. Auch die Nachkriegskunst ist stark vertreten, mit Werkreihen von Louise Bourgeois, Claire Morgan und Geta Brătescu. Dazu gesellen sich charakteristische Werke, von Günther Uecker und Lucio Fontana über Norbert Tadeusz bis hin zur jüngeren Claire Morgan.
Auch aktuelle künstlerische Positionen werden prominent und raumgreifend gezeigt, etwa ein Werkkomplex von Marcel Dzama, große Arbeiten von Julius von Bismarck und Karin Kneffel. Außerdem sind Installationen von Julian Charrière und eine hinreißend filigrane Federarbeit von Rebecca Horn zu entdecken.
Museum und die Stiftung sind nach wie vor ein Familienbetrieb. Marianne Langens Enkelin Karla Zerressen ist heute Geschäftsführerin.
Die Sammlung bleibt bis auf ihre Keimzelle in dynamischer Bewegung. Vor zehn Jahren wurden bei Christie’s in New York Werke von Pablo Picasso, Wassily Kandinsky und Salvador Dalí versteigert. Sie stammten allerdings aus dem Privatbesitz der drei Kinder des Sammlerehepaars. Die Bestände der Stiftung waren von den Verkäufen nicht berührt.
So verzweigt wie die Familie, überrascht die Ausstellung mit ihren höchst unterschiedlichen Positionen. Wer welche Objekte beisteuerte, wird nicht verraten, in für die Langen Foundation gewohnt puristischer Weise sind lediglich die Werktitel und Künstlernamen nachzulesen. „Es spielt auch keine Rolle, aus welchem Haus welches Bild stammt“, sagt Sabine Langen-Crasemann, Tochter der Stifterin, die selbst zur Ausstellung wesentliche Stücke beigetragen hat.
„Ich hasse das Wort Sammlung“, sagt Langen-Crasemann beim Rundgang. „Eigentlich hat unsere Familie keine Sammlung; das Prinzip lautete immer: Jeder, wie er Lust hat.“
Man würde sich die Kunst innerhalb der Familie gegenseitig ausleihen und gelegentlich auch kontrovers diskutieren, so Langen-Crasemann. „Ich habe schon sehr früh ein Werk von Neo Rauch erworben. Als mein Bruder das Bild sah, fand er es seltsam, eine Geschmacksverirrung, aber ich war überzeugt davon.“
Es gibt aber auch erstaunliche Parallelen. So sammeln etwa drei Familienmitglieder Kunst von Claire Morgan. Einige ihrer poetischen Installationsarbeiten sind deshalb in der Schau prominent vertreten.
Bereits 1949 erwarb das Stifterehepaar das herausragende Jawlensky-Porträt. „Das ist meine Kindheitserinnerung“, sagt Langen-Crasemann, die damit aufwuchs. „Gekauft wurde damals nicht als Investment, sondern aus Leidenschaft.“ Zeitgenössische Künstler gingen in dem mit einer Bildergalerie ausgestatteten Haus in Meerbusch ein und aus. „Das war normal; wir lebten mit der Kunst. Der ganze Umgang mit Kunst bei uns war rheinisch und fröhlich, selbstverständlich.“
„20 Jahre Langen Foundation. Drei Generation – eine Leidenschaft“, Langen Foundation, Neuss-Hombroich, bis 11. August.