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Lebensversicherer Niedrigzins und Inflation: Herausforderungen für Lebensversicherer steigen

Die Lebensversicherung ist nach wie vor die beliebteste Altersvorsorge der Deutschen. Doch die Branche verändert sich stark – auch wegen der Coronakrise.
16.09.2021 - 16:38 Uhr Kommentieren
Der Garantiezins wird zum Jahreswechsel erneut gesenkt – auf nunmehr 0,25 Prozent. Quelle: action press
Lebensversicherung

Der Garantiezins wird zum Jahreswechsel erneut gesenkt – auf nunmehr 0,25 Prozent.

(Foto: action press)

München Die Herausforderungen für die Lebensversicherer sind in diesem Jahr noch einmal kräftig gestiegen. Neben den Problemen durch das seit Jahren niedrige Zinsniveau belastet die zuletzt stark gestiegene Inflation die Versicherer. „Niedrige Zinsen zusammen mit wachsenden Inflationssorgen führen in der Summe zu deutlich negativen Realzinsen“, sagt Guido Bader, Vorstandschef der Stuttgarter Lebensversicherung.

Hinzu kommen die Folgen der Coronakrise. Rund 40 Topmanager der Branche, Verbraucherschützer, Aufseher und Politiker waren sich am Donnerstag auf dem Strategiemeeting Lebensversicherung des Handelsblatts einig, dass sich die Rahmenbedingungen auch durch die Pandemie drastisch verändern werden.

Dabei hat der Umbruch bei den deutschen Lebensversicherern bereits begonnen. Zu Jahresbeginn kappten zuerst der Marktführer Allianz und anschließend etliche weitere Anbieter die feste Beitragsgarantie. Zum Jahreswechsel steht nun die Senkung des Garantiezinses an, der den Kunden jedes Jahr mindestens gutgeschrieben wird: von bisher 0,9 Prozent auf 0,25 Prozent.

Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV), die mit einer Vielzahl an Mathematikern Empfehlungen an die Branche gibt, hatte sogar eine noch weitere Absenkung unter 0,25 Prozent gefordert. Schon seit dem Jahr 2000 wurde der Garantiezins immer wieder gekürzt. Bis dahin garantierten die Versicherer für Neuabschlüsse noch eine Verzinsung von vier Prozent pro Jahr.

Die erneute Senkung hat für die Branche weitreichende Folgen: Faktisch bedeutet sie das Aus für die klassische Lebensversicherung, die einen festen Garantiezins über die gesamte Vertragslaufzeit bietet.

Beitragsgarantie von 100 Prozent ist nicht mehr sicher

Schon seit mehreren Jahren werben die Versicherer daher vermehrt für Produkte ohne Garantien, die freier in der Anlagepolitik sind und so eine höhere Rendite versprechen. Aber auch bei den neuen Produkten ohne Garantien kam es in diesem Jahr schon zu massiven Veränderungen.

Wer als Kunde in der Hoffnung auf höhere Rendite auf einen garantierten Zins verzichtete, konnte sich bisher zumindest darauf verlassen, am Ende der Laufzeit die eingezahlte Summe zurückzubekommen.

Die Allianz, mit einem Marktanteil von knapp 30 Prozent unangefochtener Marktführer in Deutschland, verabschiedete sich aber bereits von der bisher üblichen Beitragsgarantie von hundert Prozent: In den seit diesem Jahr angebotenen Verträgen des zentralen Vorsorgeproduktes Perspektive sind je nach Ausgestaltung nur noch 90, 80 oder gar 60 Prozent garantiert.

„Der Weg geht zu mehr Kapitalanlage und zu Aktien in vertretbarer Dosierung“, wertet Volker Priebe, Vorstand bei der Allianz Lebensversicherung, mit der Erfahrung der ersten acht Monaten diesen Schritt. Zudem hätten die Kunden durch die Umstellung Zugang zu Anlageklassen, die für sie sonst nicht möglich gewesen wären. Dazu gehören beispielsweise alternative Anlagen wie Beteiligungen, Infrastruktur und Immobilien.

Etliche Anbieter stehen weiter unter Beobachtung der Bafin

Bei der Finanzaufsicht Bafin sieht man trotz der gestiegenen Anforderungen für die Branche keine außergewöhnlichen Belastungen. Die Branche habe sich auch während der Pandemie als robust erwiesen, so Exekutivdirektor Frank Grund. „Bei der Liquidität gab es keine Fehlentwicklungen.“ Deswegen sei man in der Bonner Behörde zuversichtlich, dass die Lebensversicherer auch weiterhin ihre Garantieversprechen erfüllen können.

Schwieriger sieht es dagegen im Neugeschäft aus. Noch immer stehen rund 20 der 80 Anbieter am deutschen Markt unter der Beobachtung der Aufseher, verrät Grund. Langfristig müssen sie die Tragfähigkeit ihres Geschäftsmodells beweisen.

„Als Investoren sind die Lebensversicherer bereit, vermehrt Risiken einzugehen, aber keine übermäßigen Risiken“, sagt Grund. Er sieht einen Trend hin zu alternativen Anlagen wie Infrastruktur- oder Kreditfonds.

Langfristig steht die Branche ohnehin vor einer gewaltigen Herausforderung. Noch können die Lebensversicherer Übergangsregeln bei der Bewertung ihrer Solvenz in Anspruch nehmen, mit denen sie beispielsweise Anleihen höher bewerten dürfen. Ab dem Jahr 2032 läuft diese Möglichkeit aus. Bis dahin müssen vor allem die derzeit weniger gut finanzierten Häuser ihre Finanzen in Ordnung gebracht haben.

Mehr: So stabil sind die deutschen Lebensversicherer.

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