Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke
Annalena Baerbock, Winfried Kretschmann, Robert Habeck (v.li.)

Wo sie in Baden-Württemberg schon sind und vorerst auch bleiben, möchte die Grünen auch im Bund hin: an die Macht.

(Foto: dpa)

Bundestagswahlen Bundesregierung ohne Union? Die Grünen könnten Deutschlands Machtbalance ändern

Die Grünen beginnen das Wahljahr im Ländle wie in Rheinland-Pfalz mit Erfolgen, die CDU mit Verlusten. Doch ist der Triumph in Deutschlands Südwesten auf den Bund übertragbar?
15.03.2021 - 09:38 Uhr 10 Kommentare

Berlin Der Auftakt mit den ersten beiden Landtagswahlen des Jahres hätte für die Grünen kaum besser laufen können. In Baden-Württemberg sicherte sich der einzige grüne Ministerpräsident Deutschlands, Winfried Kretschmann, mit 32,6 Prozent der Wählerstimmen eine dritte Amtszeit. In Rheinland-Pfalz gelang es den Grünen, das Ergebnis der vergangenen Landtagswahlen um vier Prozentpunkte auf 9,3 Prozent zu steigern.

Grünen-Parteichef Robert Habeck sprach von einem „Superstart in ein Superwahljahr“. Den Rückenwind aus Baden-Württemberg werde man hoffentlich „mit vollen Segeln“ auf Bundesebene aufnehmen können, sagte er am Wahlabend. Den baden-württembergischen Regierungschef bezeichnete Habeck als „herausragende politische Persönlichkeit“, sieht in dem Wahlsieg aber auch eine Bestätigung für den Kurs der Bundespartei. Es sei „ein großer grüner Wahlsieg“, so Habeck.

Die Grünen wollen, nach 14 Jahren in der Opposition, im Bund endlich wieder mitregieren. Wie in Baden-Württemberg spielen Habeck und Co-Parteichefin Annalena Baerbock auch auf Bundesebene um Platz eins, auch wenn es trotz der Unionskrise unwahrscheinlich ist, dass die Grünen CDU/CSU überholen. Welches Bündnis sie anstreben, haben sie bislang offen gelassen – und wollen das auch weiter tun.

Eine Ampelkoalition aus Grünen, SPD und FDP im Bund sei nur eine von vielen denkbaren Optionen, sagte Habeck am Montag. Es sei aber „absurd zu früh, jetzt die nächste Regierungskonstellation hochzuschreiben“, sagte er weiter. Man werde sich weder auf eine schwarz-grüne Koalition festnageln lassen noch auf andere Optionen. „Alles ist möglich in diesem Jahr.“ Inklusive der Chance, so sieht es Habeck, „das Unmögliche möglich zu machen“ - womit er meint, dass die Grünen wie in Baden-Württemberg auch bei der Bundestagswahl die meisten Stimmen auf sich vereinen könnten.

Umfragen sehen die Grünen seit Monaten stabil um 20 Prozent. Werte um die 30 Prozent für die Grünen auf Bundesebene dürften eher utopisch sein.

So wäre der einzige Weg ins Kanzleramt für die Grünen wahrscheinlich nur ein Dreierbündnis ohne die Union, also beispielsweise eine Ampelkoalition oder ein Linksbündnis aus Grünen, SPD und Linken – sollte das das Wahlergebnis im Herbst überhaupt hergeben.

„Das Signal zu Beginn des Wahljahres, dass es eine Mehrheit ohne die Union in Deutschland geben kann“, war jedenfalls die Lieblingsbotschaft von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz am Wahlabend.

Die Grünen sind staatstragender unterwegs. Die Parteichefs sehen in dem Wahlsieg einen Auftrag an die Gesamtpartei, eine „verlässliche, weitsichtige und lösungsorientierte“ Politik zu machen. „So grün der Abend auch ist, sind wir auch sehr nachdenklich“, so Habecks Botschaft. Das Vertrauen in die Politik bröckele. „Unsere Aufgabe wird sein, das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staats zu erneuern und zu gestalten.“

Mehrfach spielte Habeck schon am Wahlabend auf das zunehmend verloren gegangene Vertrauen vieler Bürger in die Handlungsfähigkeit des Staats an. Weitsicht und Pragmatismus seien der Auftrag an die Bundespartei, sagte Habeck.

Co-Chefin Baerbock wertete die Wahlergebnisse als Zeichen, dass die Grünen auch in schwierigen Zeiten das Vertrauen der Wähler gewinnen könnten. Die Ergebnisse seien ein Auftrag für mehr Klimaschutz, sagte Baerbock. In einer Zeit voller Unsicherheit gelte es aber auch, ein neues Fundament für einen starken gesellschaftlichen Zusammenhalt zu schaffen. „Die Politik des Zuhörens, die Menschen in den Mittelpunkt stellen, die Winfried Kretschmann in den letzten zehn Jahren so deutlich praktiziert hat, das ist eine Politik, die es auch auf Bundesebene in den nächsten Jahren dringend braucht“, sagte Baerbock am Montag.

Lösungskompetenz in der Umwelt- und Klimapolitik, aber nicht in Wirtschaftsfragen

Für die Bundesgrünen wird es in den nächsten Monaten vor allem entscheidend darauf ankommen, sich nicht nur weiter als Klimaschutzpartei zu profilieren, sondern auch ihr Ansehen in anderen Politikbereichen zu verbessern. Von der ARD am Wahlabend veröffentlichte Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap zeigen, dass der Ökopartei im Ländle zwar eine überragende Lösungskompetenz in der Umwelt- und Klimapolitik zugewiesen wird. Bei dem wichtigen Thema Wirtschaft schneiden die Grünen aber nach wie vor deutlich schlechter als die CDU ab – auch wenn sie bessere Werte bekamen als die Liberalen.

In Baden-Württemberg ist die Lage anders – und kaum auf den Bund übertragbar: Dass die Grünen ein weiteres Mal mehr als 30 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnten, hat viel mit ihrem Spitzenkandidaten zu tun, der so beliebt ist wie kein zweiter, und zwar in allen politischen Lagern.

Habeck und Baerbock haben noch nicht einmal entschieden, wen sie als Kanzlerkandidaten der Grünen ins Rennen schicken. Das soll zwischen Ostern und Pfingsten entschieden werden, betonte Habeck erneut in der ARD-Talkrunde „Anne Will“. Die in seiner Partei übliche Quotierung, wonach Frauen stets den ersten Zugriff auf eine Spitzenposition haben, sei dabei nicht ausschlaggebend.

„Wenn Annalena Baerbock als Frau sagen würde, ich mache es, weil ich eine Frau bin – und die Frauen haben das erste Zugriffsrecht –, dann hat sie es, natürlich“, sagte Habeck. „Aber weder Annalena noch ich argumentieren so.“

In Baden-Württemberg muss Kretschmann nun entscheiden, ob er die bisherige Koalition mit einer geschwächten CDU fortsetzen will oder eine Ampelkoalition mit SPD und FDP eingeht. Für eine Neuauflage von Grün-Rot reichte es knapp nicht, was Parteichef Habeck bedauerte. Es lohne sich, um jede Stimme zu kämpfen, sagte er. Dann wäre mit Blick auf Klimaschutz wohl künftig noch mehr möglich gewesen. Tatsächlich wurde die neue Konkurrenz aus der Klimabewegung zwar klein gehalten, aber womöglich zu einem hohen Preis: Denn die neue Klimaliste rangierte in Baden-Württemberg nur unter den Sonstigen, sicherte sich jedoch Stimmen, die sonst möglicherweise den Grünen oder der SPD zugekommen wären.

Die Wirtschaftskompetenz der CDU könnte Kretschmann zu einer Neuauflage von Grün-Schwarz bewegen, auch wenn die Südwest-CDU fast drei Prozentpunkte verlor und bei 24,1 Prozent landete. Der Schwabe müsste dann auch nur mit einem Partner umgehen, nicht wie bei einer Ampelkoalition mit zwei Koalitionspartnern.

Im Ländle bevorzugt die Wirtschaft Grün-Schwarz

Auch die Wirtschaft würde Grün-Schwarz bevorzugen, ebenso die Wähler, die sich in Umfragen für ein grün-schwarzes Bündnis aussprachen – nicht für eine Ampelkoalition von Grünen, SPD und FDP.

Kretschmann kündigte an, mit allen demokratischen Parteien Sondierungsgespräche führen zu wollen – und zwar in der Reihenfolge ihrer Größe. Für Mittwoch sind Gespräche mit der CDU vorgesehen, am Freitag mit SPD und FDP. „Dann wird man sehen, was sich daraus ergibt“, sagte Kretschmann, der vorerst nicht erkennen ließ, ob er an der Koalition mit der CDU festhält oder eine Ampelkoalition mit SPD und FDP favorisiert.

Allerdings ließ er es sich nicht nehmen, gegen die Liberalen zu sticheln, die 2017 im Bund die Jamaika-Verhandlungen zwischen Union, FDP und Grünen platzen ließen. Auf den Hinweis in einem Interview, die FDP buhle schon um den Eintritt in die Regierung in Stuttgart, sagte der 72-Jährige, es sei gut, dass die FDP regieren wolle. „Bei den Jamaika-Verhandlungen hat sie sich ja widerspenstig gezeigt.“

Er machte klar, dass ihm die Themen Klimaschutz, der Strukturwandel der Wirtschaft und die Verteidigung der Demokratie in der neuen Legislaturperiode besonders wichtig seien. „Nur wer bereit ist, eine ambitionierte Klimaschutzpolitik zu machen, kann mit uns regieren.“

Mehr: Porträt Winfried Kretschmann – ein Grüner, der seine Partei mitunter verzweifeln lässt.

Startseite
Mehr zu: Bundestagswahlen - Bundesregierung ohne Union? Die Grünen könnten Deutschlands Machtbalance ändern
10 Kommentare zu "Bundestagswahlen: Bundesregierung ohne Union? Die Grünen könnten Deutschlands Machtbalance ändern"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • irgendwie habe ich ihren Nerv getroffen; das freut mich sehr. Ich empfehle Ihnen,
    diese sinnlose Diskussion abzubrechen, denn sie werden es nicht schaffen, die Tatsachen
    über Frau Dr. Merkel zu verhindern. Die größte Schadens- und Schuldenkanzlerin nach dem
    Kriege.

  • Lieber Herr Schreiber,
    wie schön muß es sein, auf einem hohen Ross zu sitzen.
    Ihr Kommentar läßt allerdings, in Bezug auf Semantik, Grammatik und Interpunktion, auf einen sehr überschaubaren Bildungsstand schließen.
    Sorry, aber wenn Sie eine solche Steilvorlage liefern.......
    Es gibt doch Abendschulen.

  • das ist ja wie bei Trump, Medien dürfen kritische Anmerkungen über die Kanzlerin usw.
    nicht schreiben, wenn doch, werden die Verantwortlichen gefeuert.
    Was hat Frau Dr. Merkel aus dieser Demokratie gemacht.? Früher war es so, dass die Minister gefeuert wurden oder ihren Rücktritt einreichten.
    Anscheinend ist es ein Problem, wenn man im Kommunismus aufgewachsen ist und in
    Russland studiert hat. Die Herkunft macht sich immer wieder bemerkbar.

  • Die Rechtschreibfehler der anderen Kommentare lassen auf große Kompetenz schließen.

  • @Herr hans mueller
    Auch das Handelsblatt ist da nicht immun gegen politische Intrigen. Gabor Steingart äußerte sich sehr kritisch und ironisch über eine SPD Figur und wurde vom Schachbrett entfernt.
    "SPD-Chef Schulz will Außenminister Gabriel zur Strecke bringen und an dessen Stelle im Ministerium Quartier beziehen." vom 7.2.2018.

    Heute hat er eine eigene Redaktion - mit sehr guten Inhalten.

    Schlecht gelaufen für HB!

    Und der "Spiegel" mag ihn nicht - eine bessere Auszeichnung gibt es nicht!

  • was hat die Regierung unter Frau Dr. Merkel geschafft. Nichts, nur ein deletantische Regierung. Am besten Frau Dr. Merkel tritt endlich zurück und ihre überforderten Minister auch. Aber was hat Frau Dr. Merkel aus der DDR gelernt? Wir treten nicht zurück. Allerdings hat sie eins gelernt, Intrigen zu gestalten. siehe Bildzeitung der Chefredakteur wird durch
    miese Frauentricks zum Rücktritt aufgefordert.

  • Es verwundert, dass die jahrelange, desaströse linksgrüne Anbieterungspolitik von Frau Merkel und ihren Vasallen in Partei und Staatsmedien nicht zu herberen Wahlverlusten geführt hat. Der ökonomische und gesellschaftliche Schaden ist wohl noch nicht groß genug. Dafür bereitet die staatlich inzwischen rundum betreute Wählerschaft den linksgrünen , naiven Tagträumern das Spielfeld, diese Wirtschaft endgültig an die Wand zu fahren. Und alle klatschen.
    Armes Deutschland.

  • "Doch ist der Triumph in Deutschlands Südwesten auf den Bund übertragbar?" NEIN, wenn die chaotische Energie-, Flüchtlings- und Corona-Politik der Merkel-Seilschaft abgelöst wird durch eine vernünftige, pragmatische.
    Die Grünen erscheinen vielen nur als das geringere Übel.
    Zu Kretschmann - guter, vernünftiger, pragmatischer Politiker, so wie man sich einen ehrlichen, bürgerlich-konservativen Politiker wünscht.

  • Regierungen müssen die Interessen der Wähler vertreten - oder sie müssen abtreten!

    Wer vordergründig die Interessen der anderen Staaten Europas, die Interessen der Staaten Afrikas oder die Interessen von Wirtschaftsflüchtlingen über die Interessen des eigenen Volks stellt, und diese Ziele mit den höchsten Steuern- und Abgabenquoten für das eigene Volk finanziert, der muß die Konsequen ertragen.

    Das sollte die CDU aus den letzten Wahlen lernen! Sonst ist ein Verlust des Kanzleramts alternativlos!

  • Hänsel und Gretel von den Grünen versprechen nur heiße Luft. Was hat der Atomausstieg für Deutschland gebracht? Hohe Strompreise. Die Einhaltung der Klimaziele in Deutschland hat o,ooooo1% Auswirkung auf das Weltklima. Super.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%