Coronakrise Expertenpapier zeigt auf, wie der Exit in den einzelnen Branchen gelingen könnte

Der Modehandel ist besonders stark von der Krise betroffen.
Düsseldorf Für den Ausstieg aus dem Shutdown gibt es nur eine Chance, ist das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn überzeugt. „Ein möglicher Fehlschlag wäre mit erheblichen Risiken verbunden“, heißt es in einem Hintergrundpapier des Instituts, das dem Handelsblatt vorliegt.
Das Papier richtet sich an die Mittelstandsabteilungen des NRW-Wirtschaftsministeriums und des Ministeriums auf Bundesebene.
Darin haben sich die Forscher damit befasst, wie die einzelnen Branchen im Mittelstand den Shutdown sukzessive beenden und somit zur Normalität zurückkehren können.
Konkret geht es darum, wie viel Zeit die Unternehmen der jeweiligen Branchen brauchen werden, um ihr Geschäft wieder hochzufahren und ob sie anschließend auf weitere Hilfen angewiesen sein werden. Ein Überblick über die einzelnen Branchen.
Handel
Handelsunternehmen brauchen dem Papier zufolge im Durchschnitt ein bis zwei Wochen Zeit, um sich auf die Öffnung ihrer Geschäfte vorzubereiten. Diese gelte jedoch nicht unbedingt für Unternehmen, die Saisonware bereits vorrätig haben. Das IfM empfiehlt vor allem, kleinere Läden wieder zu öffnen, allerdings mit begrenztem Eintritt. Für diese Empfehlung führt das Institut psychologische Gründe an.
Im normalen Einzelhandel und im gehobenen Facheinzelhandel erwartet das IfM Nachholeffekte. Sprich: Kunden werden sich Produkte zulegen, die sie während des Shutdowns nicht kaufen konnten. Deshalb rechnet das Institut bei diesen Unternehmen nicht mit drastischen Beschäftigungseffekten.
Im Saison- und Modehandel ist das allerdings anders. Dort werden die Käufe laut Papier nicht in dem Maße wie im regulären Einzelhandel nachgeholt. Das liegt zum Teil auch daran, dass diese Produkte während des Shutdowns online gekauft werden.
Dennoch warnt das Institut vor allzu schnellen und hohen finanziellen Hilfen: „Weitreichende Unterstützungen für strukturell gefährdete Einzelhandelsunternehmen sind ordnungspolitisch problematisch und sollten trotz der daran hängenden Arbeitsplätze nur zurückhaltend gewährt werden.“
Gastronomie
Restaurants und Bars werden laut IfM deutlich länger benötigen, um ihr Geschäft wieder aufzunehmen. Die Forscher gehen von ein bis zwei Monaten aus. Der Betrieb soll ihrer Empfehlung nach erst einmal nur mit Einschränkungen und Abstandmöglichkeiten wieder anlaufen.
So wird die Gastronomie nach Einschätzung des Instituts in absehbarer Zeit sehr wahrscheinlich weitere finanzielle Hilfen benötigen. Kredite in der Branche seien wegen der oftmals schwachen Eigenkapitalausstattung allerdings nicht das richtige Mittel, um der Branche zu helfen.
Tourismus/Kultur/Events
Die Tourismuswirtschaft sowie der Kultur- und Eventbereich werden dem Institut zufolge noch deutlich länger als andere Branchen im Mittelstand brauchen, um ihr Geschäft wieder hochzufahren. Das IfM rechnet dabei mit mindestens zwei Monaten. Die Unternehmen werden den Experten zufolge nachhaltig unterstützt werden müssen.
Verarbeitendes Gewerbe
Das verarbeitende Gewerbe dagegen ist durch eine vergleichsweise hohe Eigenkapitalquote gut gerüstet für die aktuelle Situation und wird durch Kredithilfen und Kurzarbeit über die Runden kommen, so die Einschätzung des Instituts.
Großflächige Produktionsstilllegungen blieben bisher auf den Bereich der Automobilindustrie beschränkt, heißt es in dem Papier.
Unternehmen, die wegen gestörter Lieferketten erst später die Produktion aufnehmen können und zudem in anderen Regionen noch vom Shutdown betroffen sein werden, könnten mehr Hilfe benötigen als andere Firmen im verarbeitenden Gewerbe.
Zulieferer für das verarbeitende Gewerbe
Die Aussichten für die Zulieferer sehen die Forscher kritischer. Diese Betriebe sind meist kleiner und brauchen mehr Hilfen, auch weil sie ihre Produktionen nicht so leicht anpassen können. Sie haben diese daher eher stilllegen müssen als größere Unternehmen.
Bei den Zulieferern des verarbeitenden Gewerbes rechnet das IfM daher mit einem Stellenabbau. Diese Unternehmen könnten aber durch die am 6.April gewährte Risiko-Übernahme durch die die staatliche Förderbank KfW von 100 Prozent leichter als in den vergangenen Wochen an Kredite kommen.
Bau
In der Bauindustrie ist es für die Beschäftigten leichter, Abstand zueinander zu halten als in anderen Branchen. Weil sie aus diesem Grund zum großen Teil weiterarbeiten konnte, erwartet das IfM in diesem Sektor wenig Probleme.
Die bisherigen Maßnahmen zur Liquiditätssicherung sollten ausreichen, schätzt das Institut.
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