Auktion bei Sotheby's: Der Anwalt und die Kunst: Liebe auf den ersten Blick
New York. Abstraktionen von Künstlern seiner Zeit, das war die große Leidenschaft des erfolgreichen New Yorker Anwalts für Medienrecht, David M. Solinger (1906—1996). Vor allem in den 1950er-Jahren konnte er mit sicherem Auge ungetestete Talente in New Yorker und Pariser Galerien erspähen. Viele haben sich zu Marktgiganten entwickelt.
Allen voran Willem de Kooning, den Solinger 1948 in der ersten Soloschau des Künstlers in der Charles Egan Gallery auf New Yorks 57. Straße für sich entdeckte. Sobald ihn etwas packte, scheute Solinger auch nicht davor zurück, spontan zuzugreifen.
Als er etwa im Wohnzimmer eines New Yorker Privathändlers auf ein Bild des ihm damals unbekannten Pariser Malers Nicolas de Staël stieß, „war es Liebe auf den ersten Blick“. Nach nur 15 Sekunden hatte „Composition“ (1951) zu 800 Dollar den Besitzer gewechselt.
Im Frühjahr war Solingers Witwe Betty Ann Besch im Alter von 91 Jahren verstorben. Nun wird die weitgehend intakte Sammlung über Sotheby’s versteigert. Solinger hatte nie etwas verkauft, stiftete allerdings viel an die großen New Yorker Museen. 90 Werke wurden auf vier Auktionen in New York und Paris verteilt und sollen über 100 Millionen Dollar einspielen.
Die ersten 23 Objekte, darunter Gemälde von Fernand Léger und Joan Miró, kommen am Abend des 14. November in New York zum Aufruf. Solinger war auch von Jean Dubuffets Art Brut fasziniert. Der Anwalt gilt als einer der ersten amerikanischen Sammler, die den Franzosen wirklich verstanden.
Star des Abends ist mit einer Taxe von 18 bis 25 Millionen Dollar de Koonings große Papierarbeit „Collage“ von 1950. Die komplexe Komposition in heiteren Farben enthält auch Fragmente von de Koonings Zeichnungen, die kurzerhand mit Heftzwecken befestigt wurden.
David Solinger komplettierte seine Sammlung durch nicht-figurative Werke aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Darunter zahlreiche Arbeiten von Paul Klee (Ausschnitt).
Solingers Gespür für Qualität verdankte er sicher auch seinem Hobby: Er malte selbst in abstrakter Manier, und zwar sehr talentiert, so bescheinigten ihm Freunde. „Malen weckt dich auf, Anwälte brauchen diese Entspannung. Das Recht ist präzise, es lässt wenig Raum für Imagination. Da hilft Malen“, erklärte er.
Solinger gehörte seit 1961 zum Vorstand des Whitney Museum of American Art, wurde schließlich zum ersten Präsidenten des Museums gewählt, der nicht Teil der Whitney-Familie war. Das finanziell knapp ausgestattete Familien-Museum wurde von ihm zu einer gut aufgestellten öffentlichen Institution ausgebaut. Er betrieb auch den Umzug in den von Marcel Breuer entworfenen brutalistischen Neubau an Madison Avenue im Jahr 1966.
Zu den weiteren Toplosen des New Yorker Abends zählt Picassos großes Gemälde „Femme dans un fauteuil“ vom Februar 1927, eines der ersten Porträts seiner 17-jährigen Muse Marie-Thérèse Walter. Die Taxe von 15 bis 20 Millionen Dollar ist laut Preisdatenbank Artnet ein stolzer Preis für ein Bild der Periode.
Komplettierung mit Paul Klee
Solinger verliebte sich aber auch in Alberto Giacomettis kleine Skulpturengruppe „Trois hommes qui marchent (Grand plateau)“. Sie kam über die Pariser Galerie Maeght in seinen Besitz, kurz nachdem Solinger sie bei einem Atelierbesuch bewundert hatte. Auch hier werden mindestens 15 Millionen Dollar erwartet.
Zusätzlich komplettierte Solinger seine Sammlung durch nicht-figurative Werke aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Von den zahlreichen Arbeiten von Paul Klee sind allein fünf in der Abendauktion vertreten, angeführt von „Landschaft mit dem Galgen“ (1919) für mindestens 1,5 Millionen Dollar.
Afrikanische und präkolumbianische Kunst aus Solingers Besitz wird am 22. November in New York folgen, eine Abendauktion „Art Contemporain“ ist in Paris ist für den 6. Dezember vorgesehen.
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