Private-Equity-Investor KPS-Gründer Michael Psaros: „Es ist verblüffend, wie viele interessante Gelegenheiten wir entdecken“

Anfang Juni hat KPS das Aluminium-Flachwalzgeschäft von Norsk Hydro für 1,7 Milliarden Dollar übernommen.
Frankfurt Mit einem ungewöhnlichen Konzept hat sich die US-Beteiligungsgesellschaft KPS zu einem der prominentesten Namen in der Private-Equity-Branche entwickelt. Der Fonds konzentriert sich ausschließlich auf Industrieunternehmen, und er arbeitet eng mit Gewerkschaften und Mitarbeitern der Übernahmeziele zusammen. Jetzt will der Finanzinvestor auf die Suche nach attraktiven Deals im deutschen Mittelstand gehen. „Ich denke, dass unser Midcap-Fonds in Deutschland sehr aktiv werden kann, vor allem bei Mittelständlern in Familienbesitz“, sagt Michael Psaros, Managing Partner und einer der Gründer von KPS, im Interview mit dem Handelsblatt.
Psaros hofft, dass man sich über die Zeit zu einem bevorzugten Partner für diese Unternehmerfamilien entwickele: „Im Moment schauen wir uns den Markt sehr intensiv an, und es ist verblüffend, wie viele interessante Gelegenheiten wir entdecken.“
KPS ist in Deutschland längst ein bekannter Investor, anders als viele Konkurrenten führen die Amerikaner ihre Europageschäfte von Frankfurt aus und nicht von London. Für Psaros „eine der besten Entscheidungen der vergangenen 30 Jahre“. Allerdings haben sich die Amerikaner in Deutschland bislang vor allem auf größere Ziele kapriziert.
Vor vier Jahren übernahm KPS das Golfgeschäft von Adidas unter der Marke Taylormade für 425 Millionen Dollar inklusive einer variablen Kaufpreisnachzahlung von 125 Millionen Dollar. „Zu dieser Zeit hatte das Unternehmen einen stark negativen Cashflow mit Verlusten von über 100 Millionen Dollar pro Jahr“, berichtet Psaros.
Heute arbeite Taylormade mit positiven Cashflows und sei „sehr profitabel“. Im Mai verkaufte KPS die ehemalige Adidas-Tochter an die koreanische Beteiligungsgesellschaft Centroid, der Preis soll Finanzkreisen zufolge bei 1,7 Milliarden Dollar gelegen haben.

Der KPS-Gründungspartner sucht nach interessanten Unternehmen in Deutschland.
„Unser Wettbewerbsvorteil ist, dass wir inzwischen den Ruf haben, ein guter Eigentümer für Unternehmen zu sein, dass wir versuchen, unsere Beteiligungen strategisch voranzubringen, und dass wir dabei konstruktiv mit den Mitarbeitern und den Gewerkschaften zusammenarbeiten“, meint David Shapiro, der zweite Managing Partner und Co-Gründer von KPS: „Bislang hat das funktioniert, egal ob es um Adidas, Thyssen-Krupp, Bosch oder Daimler ging.“
Tatsächlich scheinen die Gewerkschaften KPS nicht als böse Heuschrecke zu sehen. Anfang Juni hat der US-Fonds das Aluminium-Flachwalzgeschäft von Norsk Hydro für 1,7 Milliarden Dollar übernommen, einer ehemaligen Eon-Tochter, die etwa 3000 Mitarbeiter an drei deutschen Standorten umfasst und jetzt unter dem neuen Namen Speira arbeitet.
Manuel Bloemers, IG-Metall-Beauftragter für die Sparte, berichtet: „Wir waren früh in den Verkaufsprozess eingebunden und hatten natürlich ein großes Interesse daran, dass das Unternehmen in gute Hände kommt.“ Bislang habe man KPS als offenen und konstruktiven Gesprächspartner kennengelernt.
Derzeit verhandelt KPS mit Gewerkschaften und Mitarbeitervertretern über ein sogenanntes Fair Ownership Agreement. Bloemers ist zuversichtlich, dass noch im Juni ein unterschriftsreifes Dokument vorliegen wird.
Ein eigener Industriekonzern mit 35.000 Mitarbeiter in 22 Ländern
Anders als andere Beteiligungsgesellschaften macht KPS einen weiten Bogen um Hightech-Firmen und Wachstumsunternehmen und konzentriert sich seit der Gründung 1991 stattdessen ausschließlich auf Industriekonzerne und produzierende Unternehmen.
Aktuell umfasst das KPS-Universum knapp 13 Milliarden Dollar an Assets, die Firmen im Portfolio kommen auf einen Gesamtumsatz von beinahe elf Milliarden Dollar. Die Beteiligungsgesellschaft ist für rund 150 Fertigungsstätten in 22 Ländern und rund 35.000 Mitarbeiter verantwortlich.
„Wir verdienen unser Geld nicht durch besonders fantasievolle und aggressive Finanzierungs- oder Verschuldungsstrukturen, sondern indem wir die Strategie, die Wettbewerbsfähigkeit und das operative Geschäft der Unternehmen, die wir kaufen, transformieren“, betont Psaros.
Dieses Konzept wollen er und sein Kollege Shapiro jetzt auf den deutschen Mittelstand ausweiten. Dabei sind sich die beiden durchaus bewusst, dass es bei vielen Familienunternehmen noch immer Vorbehalte gegen internationale Finanzinvestoren gibt. „Für uns war es wahrscheinlich etwas leichter, große Konzerne davon zu überzeugen, dass wir anders sind als andere Beteiligungsgesellschaften“, räumt Shapiro ein.

Der KPS-Gründungspartner glaubt an die Old Economy.
Bei den deutschen Mittelständlern könne das etwas länger dauern. „Dazu braucht es Engagement und Durchhaltevermögen, aber genau das haben wir“, so Shapiro. Derzeit investiert KPS aus einem sechs Milliarden Dollar schweren Fonds für größere Beteiligungen und einem ebenfalls im Herbst 2019 aufgelegten Midcap-Fonds mit einem Volumen von einer Milliarde Dollar.
Die Coronakrise hat KPS nicht gebremst: „Wir haben als Investor wahrscheinlich das aktivste Jahr unserer Geschichte hinter uns“, sagt Psaros. In Europa haben die Amerikaner neben dem Norsk-Hydro-Deal vor Kurzem die Übernahme des Europageschäfts des Verpackungsspezialisten Crown für 2,7 Milliarden Dollar abgeschlossen. Außerdem kündigte KPS vor Kurzem den Kauf des Aluminiumverarbeiters Metra und des Herstellers von Schmiedeprodukten Siderorgerossi in Italien an.
„Es ist bemerkenswert, wie entschlossen sich europäische Unternehmen von Bereichen trennen, die nicht mehr zum Kerngeschäft gehören“, meint Shapiro. Fast sehe es so aus, als würde sich die Entwicklung wiederholen, die man in den USA vor ungefähr 15 Jahren gesehen habe. „Quasi alles, was wir uns in Europa anschauen, ist eine Abspaltung eines multinationalen Konzerns“, meint Shapiro.
Dieses Argument gilt auch für Deutschland. „Einige deutsche Konglomerate denken über weitere Abspaltungen nach“, sagt Florian Almeling, der Deutschland-Statthalter von KPS. Allerdings versuche der Finanzinvestor, Situationen zu vermeiden, in denen sehr viele Bieter die Preise nach oben treiben.
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Bewertungen für Mittelständler auf neuem Rekord
Das dürfte nicht leicht werden, denn die Bewertungen europäischer Mittelständler stiegen im ersten Quartal 2021 weiter und brachen ihren eigenen Rekord aus dem Vorquartal. Dabei zahlen laut dem aktuellen Index der Investmentgesellschaft Argos Wityu die Private-Equity-Investoren besonders hohe Preise.
Der neue Rekord liegt beim 12,7-Fachen des Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen der Zielunternehmen. Strategische Käufer zahlten dagegen nur das 10,8f-Fache bei Übernahmen. Das Bewertungsniveau im Mittelstand sei quer durch alle Branchen angestiegen, konstatiert Frank Hermann, Managing Partner von Argos Wityu.
Übertreibungen sieht KPS vor allem im Tech-Sektor. Als Beispiel nennt Shapiro die Automobilindustrie: „Keine Frage, die Zukunft gehört der E-Mobilität und dem autonomen Fahren. Aber die Bewertung dieser Unternehmen an den Kapitalmärkten ist völlig überzogen. Unternehmen, die bislang noch kein einziges Fahrzeug produziert haben, sind wertvoller als Ford.“
Sein Kollege Psaros sieht das genauso: „Ich glaube, die klassischen Autobauer wie Daimler, BMW, VW, General Motors, Toyota oder Stellantis sind im Vergleich zu den jungen E-Auto-Produzenten hoffnungslos unterbewertet. Gibt es wirklich jemanden, der ernsthaft meint, dass zum Beispiel Daimler oder Toyota nicht in der Lage wären, ein Dutzend wettbewerbsfähige E-Modelle auf den Markt zu bringen?“
Angesichts dieser Grundeinstellung haben die beiden keine Angst, durch die strikte Konzentration auf die „Old Economy“ etwas zu verpassen: „Als wir 1991 angefangen haben, waren Industrieunternehmen und das produzierende Gewerbe quasi tot, niemand interessierte sich mehr für Investitionen in diese Branchen, das Kapital ist in andere Bereiche geflossen. In den dreißig Jahren unserer Karriere ist das ungefähr sechs Mal passiert, und wir sind noch immer da“, meint Shapiro.
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