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Morning Briefing Die Donald-Trump-Festspiele

05.02.2020 - 06:00 Uhr Kommentieren

Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,


schon im gestrigen Morning Briefing hätte ich Ihnen gerne geschildert, wer bei den symbolstarken Vorwahlen der Demokraten im US-Staat Iowa gewann. Aber die Partei scheiterte an ihrer eigenen App. Diese digitalen Zeiten! Und so konnte sie erst mit 20 Stunden Verspätung ein erstes Ergebnis auf Basis von 62 Prozent aller Wahlbezirke präsentieren. Und, siehe da, im ersten Überblick siegte ein Überraschungskandidat: Pete Buttigieg mit 26,9 Prozent vor Bernie Sanders (25,1 Prozent), Elizabeth Warren (18,3 Prozent) und Joe Biden (15,6 Prozent), dem nun arg gerupften Ex-Vizekanzler. Optimisten der Partei hoffen, mit dem 38-jährigen Buttigieg, einer Galionsfigur der Schwulenbewegung und Ex-Bürgermeister von South Bend, könnte eine Aufstiegsstory beginnen wie 2008 bei Barack Obama. Realisten dagegen sehen einen eklatanten Fehlstart, der einzig dem werbefreudigen Milliardär Michael Bloomberg nutzen könnte.

Quelle: AFP
Donald Trump hat in seiner „Rede zur Lage der Nation“ nicht mit Eigenlob gespart.
(Foto: AFP)

Das Schlamassel ließ die Republikaner und Donald Trump, der in Iowa locker gewann, noch überlegener erscheinen. Der US-Präsident spürt ein Momentum, das ihn über das „Desaster“ der Demokraten so lästern ließ, wie „Saturday Night Live“ über ihn zu spotten pflegt. Er frage sich, wann die Demokraten beginnen, Russland für das Debakel verantwortlich zu machen anstatt ihre eigene Inkompetenz, schrieb der Präsident auf Twitter. Trump hat heute Nacht in seiner jährlichen „Rede zur Lage der Nation“ reichlich Eigenlob abgelassen und das „großartige Comeback“ der USA von seiner Präsidentschaft abgeleitet. Dass ihm heute der US-Senat beim Impeachment einen Persilschein ausstellen wird, dürfte den Immobilien-Unternehmer weiter in der Ansicht beflügeln, die ganze Welt sei ein goldener Trump-Tower.

Er war schon immer ein Freund klarer Worte. Einer der mächtigen deutschen Familienunternehmer, der weder Thema noch Tabu scheut. Aber das Gespräch, das Jürgen Heraeus mit meinen Kollegen Peter Brors und Thomas Tuma führte, zeugt von der neuen Radikalität eines Liberalen, den die Politik verhärtet hat. Der CDU würde er schon jetzt empfehlen, „beim SPD-Thema Grundrente knallhart zu bleiben und die Koalition endlich platzen zu lassen“, so Heraeus. Dann könnte Angela Merkel mit wechselnden Mehrheiten regieren – und die SPD ihr Profil in der Opposition schärfen. Heraeus‘ Wunsch für die Bundestagswahl: „Dass die Union zumindest vorne liegt. Sie wird dann mit den Grünen koalieren.“

Es handelt sich also ganz erkennbar um eine in ein Interview gekleidete Ruck-Rede. Heraeus über das Land: „Es herrscht eine große Apathie. Nichts geht voran – außer der Bürokratie.“ Über Friedrich Merz: „Wer das Kanzleramt erobern will, muss auch bereit sein zu kämpfen.“ Über die FDP: „Leider hat es deren großer Vorsitzender versäumt, eine gute Mannschaft zu präsentieren und stattdessen auf seine One-Man-Show gesetzt.“ Über die Kanzlerin: „Frau Merkel bewegt nichts mehr in Deutschland.“ Über die Klimapolitik: „Die CO2-Emmissionen müssen schrittweise so teuer werden, dass sie uns zu Innovationen geradezu zwingen.“ Wer will, mag den Text mit Roman Herzog 1997 vergleichen: „Hier herrscht ganz überwiegend Mutlosigkeit, Krisenszenarien werden gepflegt. Ein Gefühl der Lähmung liegt über unserer Gesellschaft.“

Thüringen erlebt am heutigen Mittwoch eine Premiere: Erstmals stellt sich mit Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Partei Die Linke ein Politiker im Landtag zur Wahl, der von vornherein keine Mehrheit hat. Er könnte also nicht an Verrätern im eigenen Lager scheitern wie einst Heide Simonis in Kiel, sondern an einer Entente aus AfD, CDU und FDP, die einen anderen Kandidaten aufs Schild heben. Genau davor warnen Linke, SPD und Grüne – die zwar einen Koalitionsvertrag geschlossen haben, aber nur über 42 der 90 Sitze verfügen. Die thüringische CDU ringt noch mit sich, ob sie der Linken oder der AfD helfen sollte. Schafft Ramelow in den ersten beiden Wahlgängen keine absolute Mehrheit, könnte im dritten Wahlgang in Erfurt auch ein spontan nominierter Gegenkandidat mit einfacher Mehrheit gewählt werden.

Strategisch hat Siemens einen Sieg eingetragen: Für 1,1 Milliarden Euro kaufte der Konzern bei seiner spanischen Windkrafttochter Siemens Gamesa den höchst lästigen Acht-Prozent-Gesellschafter Iberdrola heraus. Mit 67 Prozent des Kapitals haben die Deutschen die ganze Macht, ihre neue Siemens Energy AG sexy zu machen. Weniger schön ist, dass CEO Joe Kaeser auf der heutigen Hauptversammlung den vereinten Zorn der Klimaaktivisten spüren dürfte. Die 17-jährige Helena Marschall will eine Brandrede halten, über die sie unser Jugend-Portal Orange vorher im Interview informiert hat. „Natürlich hat man als Firma Verantwortung gegenüber seinen Geschäftspartnern“, sagt sie, „aber genauso hat Siemens eine Verantwortung gegenüber mir, meiner Generation, der Weltgemeinschaft und ihren Aktionärinnen und Aktionären.“

Der gewaltige Umbau der Autoindustrie teilt die Schar der Unternehmen unerbittlich in Sieger und Verlierer, Profiteure und Opfer. In der Minus-Kategorie droht Ford zu landen: Im vierten Quartal 2019 machte die Firma aus Detroit 1,7 Milliarden Dollar Verlust. Hauptgrund sind hohe Lasten durch den milliardenschweren Pensionsfonds. Da das Management zudem auf ein schwieriges Jahr 2020 einstimmte, kannten die Anleger nur eine Devise: raus! Nachbörslich fiel die Aktie zeitweise um mehr als zehn Prozent. Irgendwann wird Ford vermutlich auch einen Fusionspartner finden, der geteiltes Leid zu halbem Leid macht.

Alle möglichen Kleinanzeigen finden sich beim Internet-Klassiker Ebay. So suchen zum Beispiel Fans von Borussia Dortmund auf diesem Weg Bier-Lieferanten. Was fehlt sind Anzeigen, wer das Unternehmen Ebay für einen schönen Preis übernimmt. Einen Interessenten gibt es: Intercontinental Exchange (ICE), Betreiber der New Yorker Börse, lockt mit einer Übernahme, bei der das Objekt der Begierde 30 Milliarden Dollar wert sein soll. ICE soll vor allem am Online-Marktplatz von Ebay interessiert sein, nicht aber an der Kleinanzeigen-Sparte („Classifieds“). Die könnte an den hier überaus expansionswilligen Berliner Konzern Axel Springer fallen. Im Falle Ebay nahm die Aktie im Vergleich zu Ford die entgegensetzte Richtung: plus neun Prozent.

Quelle: AFP
Abdel Fattah al-Sisi wurde der Orden des Semperopernballs wieder aberkannt.
(Foto: AFP)

Und dann ist da noch die Semperoper in Dresden mit ihrem Semperopernball, die ihre Semperopernball-Orden („St.-Georgs-Orden“) nun komplett streicht. Nachträglich erkennt der sichtlich überforderte Opernballchef Hans-Joachim Frey – nach deutschlandweiten Protesten – dem ägyptischen Generalissimo al-Sisi die bereits verliehene Würdigung wieder ab. Nur so ist der Auftritt des Sängers Peter Maffay am Freitag zu retten, der ein Ultimatum erhoben hatte. An den Absagen der Moderatorinnen Judith Rakers und Mareile Höppner sowie des SAP-Mitgründers Dietmar Hopp und seines Laudators Uli Hoeneß ändert das nichts. Der MDR hat an der TV-Übertragung nie gezweifelt und stimmte gestern schon mal mit einer Dokumentation auf das Ereignis ein: „Drama, Macht und Rausch – die Semperoper.“
Ich wünsche Ihnen einen vergnüglichen Tag, verschieben Sie den Rausch auf später. Es grüßt Sie herzlich

Hans-Jürgen Jakobs
Senior Editor

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