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SammlerporträtPrivatbank Syz: Wo die Geschäftsräume aussehen wie eine Galerie

Eric und Suzanne Syz begannen in den 1980er-Jahren in New York Kunst zu kaufen. Inzwischen ist das Genfer Bankhaus üppig mit Kunst ausgestattet.Stefan Kobel 01.08.2023 - 15:30 Uhr Artikel anhören

Wer die Privatbank in Genf betritt, denkt zunächst er sei in einer Top-Galerie. Die Kunst ist überall im Atrium und in den Besprechungszimmern. Foto: Annik Wetter

Foto: Handelsblatt

Genf. Eigentlich wollte man doch zur Bank, um mit einem Vermögensberater zu sprechen. Und plötzlich steht man in einer dieser schicken Galerien mitten in einer Ausstellung. Aber die Adresse stimmt. In dem spitzwinkligen Eckhaus in Genf, genau dort, wo der Genfer See wieder zur Rhone wird, befindet sich die Bank Syz AG, eine Privatbank, deren CEO Eric Syz auch Mehrheitsaktionär ist.

Was wie der Showroom eines hochpreisigeren Vertreters der Kunstbranche aussieht, ist tatsächlich das Foyer der erst 1996 gegründeten Bank, die ein Vermögen von immerhin 23,1 Milliarden Franken verwaltet (Stand Ende 2022). Die Skulpturen und Installationen von Isa Genzken, Rob Pruitt oder Richard Artschwager begrüßen Kundinnen und Passanten, die die Neugier in das Gebäude treibt, gleichermaßen.

Auch der Blick nach oben durch das Atrium über vier von Galerien umzogene Geschosse zeigt vor allen Dingen eines: Kunst. In der weitgehend offenen Architektur wuseln Mitarbeiter umher oder sind in Monitore vertieft. Die Besprechungsräume sind nach den Künstlerinnen benannt, deren Werke dort installiert, etwa Rosemarie Trockel.

Eric Syz (65) scheint mehr Sammler als Bankier zu sein. Aber es ist wohl eher ein Zusammenspiel aus beidem, das das Bankhaus zu einem besonderen Ort in der ansonsten eher nüchternen Branche macht. Eric Syz und seine Frau Suzanne haben in den 1980er-Jahren in New York angefangen, sich für Kunst zu interessieren.

„Mich hat die Stadt und fasziniert und diese ungeheure Energie, die sich auch in der Kunst gezeigt hat“, erzählt Eric Syz dem Handelsblatt. „Es war eine ungeheuer spannende Umbruchszeit. Die Künstler, die wir damals kennengelernt haben, reichten von Julian Schnabel und Basquiat bis zu Warhol und Lichtenstein.“

Der Genfer Privatbanker stammt aus einer kunstsinnigen Familie. Ihn zieht es zur zeitgenössischen Kunst. Foto: Syz AG

Foto: Handelsblatt

Die Begeisterung für Kunst habe er geerbt, erklärt Syz. „In meiner Familie hat man schon immer gesammelt. Ich war relativ jung und habe mich immer für zeitgenössische Kunst interessiert.“ Allerdings nicht als Selbstzweck.

Der Mentor

„Kunst ist nichts anderes als ein Zeitspiegel, die zu ihrer Zeit gemacht wird, das gilt ja für jede Sparte, Kunst, Musik, Lyrik, Prosa. Ich hatte sehr früh Freundschaft geschlossen mit Bruno Bischofberger, einer der ganz wenigen Leute, die ich kenne, der so einen unheimlichen Wissensdurst auf alles hatte, nicht nur Kunst. Diese Energie hat mich fasziniert und wie schnell er jedes Thema aufgesaugt hat.“

Eben dieser legendäre Züricher Galerist Bischofberger hat das Ehepaar damals bei vielen Künstlern eingeführt. Davon zeugt unter anderem ein Portrait, das Andy Warhol 1982 von Suzanne und dem Sohn Marc als Kleinkind 1982 angefertigt hat.

Als die Familie um 1987 in die Schweiz zurückkam und die Bank gründete, war von Anfang an klar, dass Kunst ein Teil des Unternehmens sein sollte. Angefangen hat es mit Fotografie, hauptsächlich von Schweizer Künstlern und Vintage Prints. Letztere waren Teil der privaten Sammlung und nie öffentlich zu sehen. Auch heute noch ist die Sammlung privat.

Nur aktuelle Arbeiten kaufen

Doch später hat das Ehepaar immer Kunst zu dem Zeitpunkt gekauft, an dem sie produziert wurde. Auch von älteren Künstlern kaufen sie heute noch nur frische Arbeiten. Die Kunst ist westlich. Es geht ihnen dabei auch darum, Verbindungen zu herzustellen zischen den vorhandenen Positionen.

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Seit 2009 hat die Sammlung einen eigenen Kurator. Nicolas Trembley, Jahrgang 1965, lebt zwischen Paris und Genf, wo er auch studiert hat. Das Kuratorenhandwerk hat er dann in Paris gelernt, unter anderem am Centre Pompidou. Der Spezialist für neue Medien gibt dem Sammeln System.

„Als ich hierherkam, sollte ich die Sammlung analysieren und ihr eine Richtung zu geben“, berichtet er von seinen Anfängen in der Bank. „Die Syz‘ mögen abstraktes und konzeptuelles Denken. Figurative Kunst ist selten vertreten.“

Nicht alles im Bestand hielt der Analyse stand, so Trembley. „Es gab zum Beispiel eine Abteilung mit Modefotografie. Das haben wir aufgegeben. Bei einigen Künstlern haben wir uns für eine Vertiefung entschieden.“

Die Kundschaft trifft auf Werke von Wade Guyton, Richard Artschwager, Rob Pruitt und im Vordergrund Isa Genzkens "Schauspieler”. In ersten Stock sieht man Werke von Valentin Carron, John Armleder und Alex Israel (vlnr). Foto: Annik Wetter / VG Bild-Kunst

Foto: Handelsblatt

Es gebe kein beratendes Gremium, alle Entscheidungen träfen die drei gemeinsam. „Eric, Suzanne und ich besuchen Ausstellungen, Messen und Galerien“, so Trembley. „Es geht dann meistens darum, ob ein Stück passt, ob es ihnen gefällt und was es kostet. Wir haben kein festes Budget. Manchmal kaufen wir mehrere Arbeiten, manchmal auch monatelang gar nichts. Atelierbesuche mache meistens ich.“

Zukaufen und Abstoßen

Bei einigen Arbeiten habe er die Sammler überzeugen müssen, dass sie eine sinnvolle Ergänzung darstellen, die sie von sich aus vielleicht nicht gekauft hätten. Eric Syz stimmt zu: „Am Anfang ist es schwierig, einen roten Faden zu finden, das kommt dann später und dann merkt man, dass das eine oder andere nicht mehr hineinpasst.“

Auch verkauft werde zuweilen wieder: „Selbstverständlich atmet die Sammlung“, sagt Trembley. „Von einigen Stücken trennen sie sich auch. Es kam immer darauf an, junge Künstler zu unterstützen. Manchmal bleibt es bei einem Ankauf, bei anderen folgen wir der Karriere.“ Video ist trotz der Expertise des Kurators nicht so stark vertreten. Bisher mache Fotografie ungefähr die Hälfte aus, den Rest teilen sich Gemälde und Skulptur.

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Kunst ist ein People's Business, das weiß auch Trembley. „Wir haben engere Beziehungen zu einigen Galerien als zu anderen. Wir mögen zum Beispiel sehr die Arbeit von Wayde Guyton, daher arbeiten wir viel mit Gisela Capitain. Das heißt aber nicht, dass wir viele Künstler von Capitain kaufen. Mit Iwan Wirth verbindet die Syz' eine lange zurückreichende persönliche Freundschaft, das heißt aber wiederum nicht, dass wir viele Hauser & Wirth-Künstler sammeln.“

Arbeiten an Museen ausleihen

Suzanne ist selbst Juwelierin, hat an den Messen Design Miami und PAD teilgenommen. Durch ihre Tätigkeit hat sie gute Beziehungen zu Künstlern, die auch schon für sie Schmuckkästchen entworfen haben oder das Standdesign, etwa John Armleder, Sylvie Fleury oder Alex Israel. Das Zeigen von Kunst ist allen dreien ein Anliegen: „Für mich ist es sehr wichtig, dass wir Arbeiten für Museumsausstellungen zur Verfügung stellen“, erklärt Trembley.

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Auch die nächste Generation ist vom Kunstvirus infiziert. „Unsere Kinder sind mit der Kunst aufgewachsen, und sie haben auch zuhause Kunst“, erklärt Eric Syz, der ihnen eigenen Kopf attestiert. „Bei manchen Sachen, die wir verkauft haben, waren sie auch nicht unbedingt glücklich und fragen nach zwanzig Jahren, warum wir das verkauft haben. Ob sie die Sammlung übernehmen oder nicht, bleibt Ihnen überlassen.“

„Wir wollen die Sammlung nicht verewigen. Meine Mutter hat immer gesagt: Die Museen sind die Friedhöfe der Kunst. Die Buchsammlung meines Großvaters wurde an eine Institution verschenkt und dann ist das im Archiv verschwunden.“ Das sei traurig. Kunst wolle ja gesehen werden. „Wir sehen uns als Caretaker unserer Kunst. Sie gehört uns ja nicht wirklich.“

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