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Rückversicherer im Bilanzcheck Sieben Fakten zur Bilanz: Munich Re ragt trotz Gewinneinbruch heraus

Den Rückversicherer belasteten zuletzt Schäden in Milliardenhöhe. Trotzdem verdiente er weit mehr als die Konkurrenz. Besonders die Tochter Ergo überraschte.
22.04.2021 - 04:00 Uhr Kommentieren
Der Konzern will die Dividende auch in Zukunft mindestens stabil halten. Quelle: dpa
Zentrale der Munich Re

Der Konzern will die Dividende auch in Zukunft mindestens stabil halten.

(Foto: dpa)

München Munich-Re-Chef Joachim Wenning hat den weltgrößten Rückversicherer in den vergangenen Wochen häufig als verlässlichen Partner in einer von der Pandemie schwer gebeutelten Welt dargestellt. Dabei hat die Coronakrise auch bei dem Münchener Traditionskonzern Spuren hinterlassen.

Trotzdem soll die Dividende stabil bleiben – Verlässlichkeit ist Wenning auch mit Blick auf die Aktionäre wichtig. Und er will schnell wieder auf gewohntes Gewinnterrain zurückkehren. Das beginnt bei der Munich Re deutlich jenseits von zwei Milliarden Euro pro Jahr. Der erste Schritt dahin ist unternommen: Am Dienstag wurde bekannt, dass der Konzern im Auftaktquartal dieses Jahres rund 600 Millionen Euro verdient hat.

Wennings Vertrag wurde gerade bis 2026 verlängert. Die Herausforderungen sind groß. Im Seuchenjahr 2020 machte der Munich Re ein Bereich zu schaffen, in dem sich der Konzern bisher als unangefochtener Weltmarktführer bewegen konnte: Der pandemiebedingte Ausfall oder die Verschiebung von Großveranstaltungen rissen ein tiefes Loch in die gut gefüllten Kassen.

Dafür sind die Olympischen Spiele ein Paradebeispiel: Mit einem dreistelligen Millionenbetrag schlug die Verschiebung der Spiele zu Buche. Insgesamt lagen die Belastungen durch die Coronakrise bei 3,4 Milliarden Euro. Das beeinträchtigt den Konzern, doch er wirkt nicht erschüttert. 

Strategie: Anleger honorieren Wennings Pläne

Kurz vor Weihnachten hatte Wenning seine neue Mehrjahresstrategie mit dem Titel „Ambition 2025“ vorgestellt. Neben Renditezielen und neuen Vorgaben in den Bereichen Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung präsentierte der Konzern auch ein Bonbon für die Anleger: Die Dividende soll bis zum Auslaufen des Plans 2025 um mindestens fünf Prozent pro Jahr steigen. Auch der Gewinn je Aktie soll um mindestens fünf Prozent im Jahr wachsen. 

Würde das bereits für 2020 gelten, dann könnten sich die Aktionäre schon jetzt über eine Ausschüttung im zweistelligen Euro-Bereich freuen. So aber bleibt es – vorbehaltlich des Beschlusses durch die Hauptversammlung – bei 9,80 Euro je Aktie wie schon im Vorjahr. Das Ergebnis, das mit rund 1,2 Milliarden Euro 60 Prozent unter dem Vorjahr lag, ließ dieses Mal keine Erhöhung zu.

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Treu geblieben ist der Konzern jedoch seiner Devise, die bereits seit 1970 gilt: Die Dividende wird in guten Zeiten erhöht und verharrt in schwächeren Phasen zumindest auf Vorjahresniveau.

„Ambition 2025“ enthält jedoch noch sehr viel mehr, was die Anleger honorieren. Bis 2025 soll die Rendite auf das Eigenkapital (ROE) auf zwölf bis 14 Prozent steigen. Davon lag die Munich Re im vergangenen Jahr weit entfernt. Lediglich 5,3 Prozent waren in Zeiten der Pandemie möglich, nachdem im Jahr davor noch 9,2 Prozent erreicht worden waren.

Die Tendenz zeigte zum Ende des abgelaufenen Jahres jedoch schon wieder nach oben. Noch im dritten Quartal betrug die Eigenkapitalrendite lediglich 3,6 Prozent. Insofern werten Börsianer die erreichten Zahlen als Erfolg. Zumal die Eigenkapitalrendite wohl auch in diesem Jahr schon in Sichtweite der künftig anvisierten Spanne käme, müsste der Konzern nicht die Auswirkungen der Pandemie schultern.

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Ein wesentlicher Teil der neuen Strategie ist zudem das Investment- und Asset-Management. Die Niedrigzinspolitik der Notenbanken hatte hier in den vergangenen Jahren zu einem Umdenken geführt: Der Brite Nicholas Gartside kam als verantwortlicher Vorstand in den Führungszirkel. 

Er plant Änderungen in der Anlagestrategie: Die Investments in erneuerbare Energien sollen auf drei Milliarden Euro verdoppelt werden. Insgesamt sollen Neuemissionen im Anlageportfolio bis 2025 um 25 bis 29 Prozent reduziert werden. Bis zum Jahr 2050 soll das gesamte Portfolio, das derzeit einen Wert von rund 230 Milliarden Euro hat, in einen treibhausneutralen Zustand überführt werden.

Auch im Versicherungsgeschäft und beim eigenen ökologischen Fußabdruck verstärkt der Konzern seine bereits eingeleitete Dekarbonisierungsstrategie. So soll beispielsweise das Versicherungsgeschäft im Bereich Kohle bis 2025 um 35 Prozent reduziert werden, ehe es bis 2040 ganz beendet sein soll.

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Auch intern stehen in dem Konzern, der weltweit in rund 50 Ländern vertreten ist, spürbare Veränderungen an. Die Frauenquote in Managementpositionen soll bis 2025 bei rund 40 Prozent liegen. Im Vorstand ist dann ein Anteil von 25 Prozent geplant, aktuell findet sich mit Doris Höpke nur eine Frau neben acht Männern. Bei den Anlegern kommt das Gesamtpaket gut an. Die Aktie notierte zuletzt bei 254 Euro und damit nur noch weniger als 30 Euro unterhalb der Höchststände vor Ausbruch der Pandemie.

Operative Lage: Profitable Zukunft

Der Kurswechsel macht die Munich Re profitabler: Die Pandemie führte im vergangenen Jahr zwar zu deutlich weniger Gewinn. Allerdings stiegen die gebuchten Bruttobeiträge im Vergleich zu 2019 ungewöhnlich stark um 6,7 Prozent auf 54,9 Milliarden Euro. Ein Rekordwert, der noch einmal deutlich über den Erwartungen von 54 Milliarden Euro liegt, wovon das Management im vergangenen Sommer ausging. Dass die für dieses Jahr angepeilten 55 Milliarden Euro an Bruttobeitragseinnahmen erreicht werden, erscheint nach rund einem Drittel des Jahres realistisch.

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Das zeigte bereits die Erneuerungsrunde zum 1. Januar, zu der rund die Hälfte der Verträge im Schaden- und Unfallgeschäft mit den Kunden neu verhandelt wurden. Um 10,9 Prozent auf 11,6 Milliarden Euro konnte die Munich Re hier das gezeichnete Geschäftsvolumen steigern. Auch die Preise zogen dabei um 2,4 Prozent an.

Schon im vergangenen Jahr hat der Konzern seine Kosten verringert. Zwar sank die Gesamtzahl der Mitarbeiter im Konzern lediglich um 20 auf 39.642, die Personalkosten gingen jedoch um fast 4,5 Prozent auf insgesamt 3,513 Milliarden Euro zurück.

Sparten: Gute Entwicklung beim Erstversicherer Ergo

Zwei Drittel des Umsatzes erwirtschaftet die Munich Re traditionell in der Rückversicherung, das verbleibende Drittel mit dem Düsseldorfer Erstversicherer Ergo. Das war auch im abgelaufenen Jahr so, wenngleich die Rückversicherung durch das deutlich gewachsene Geschäft, eine veränderte Zeichnungspolitik und die steigenden Prämien ihren Anteil von 66 auf 68 Prozent leicht erhöhen konnte.

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Umgekehrt ging der Umsatzanteil der Erstversicherung von 34 auf 32 Prozent zurück. In Relation dazu verdient die Erstversicherung derzeit aber mehr Geld. Mit einem Nettoergebnis von 517 Millionen Euro trug die Tochter Ergo 42,7 Prozent zum Gesamtgewinn bei.

Lediglich 694 Millionen Euro kamen aus der Rückversicherung. Das lag vor allem an den hohen Schadenzahlungen, die durch die Pandemie verursacht wurden. Besonders betroffen war davon innerhalb der Rückversicherung der Bereich Schaden- und Unfallversicherung. Die Schaden-Kosten-Quote als Indikator, ob ein Bereich Geld verdient oder nicht, stieg hier auf 105,6 Prozent, nach 100,2 Prozent im Jahr 2019. Bei einem Wert über 100 Prozent verliert der Konzern Geld. 

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Sehr viel besser sieht es dagegen beim Erstversicherer Ergo aus. Im deutschen Schaden- und Unfallgeschäft verharrte die Quote nahezu unverändert zum starken Vorjahr bei 92,4 Prozent. Das internationale Geschäft der Ergo verbesserte sich gar von 94,3 auf 92,7 Prozent.

Cashflow: Positive Entwicklung

Um die Finanzlage der Munich Re müssen sich Aktionäre gewöhnlich keine Sorgen machen. Selbst in schwierigen Jahren – wie 2017 mit einer außergewöhnlich hohen Zahl an extremen Naturkatastrophen und 2020 mit der Corona-Pandemie – sind die Münchener hinreichend finanziert.

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Das zeigt die Betrachtung des freien Cashflows. Damit wird die Summe der Mittel beschrieben, die ein Unternehmen nach allen Ausgaben frei zur Verfügung hat. Sie lag im vergangenen Jahr mit 7,2 Milliarden Euro zwar deutlich unter den rund 9,5 Milliarden Euro von 2019. Im Vergleich zu den gut drei Milliarden Euro von 2018 und den 1,8 Milliarden Euro von 2017 hat der weltgrößte Rückversicherer jedoch weiter ein immenses Polster.

Gerade für Aktionäre ist der Free Cashflow eine relevante Größe, lässt sich daran doch ablesen, ob ein Konzern abzüglich aller notwendigen Sachinvestitionen ausreichend Geld generiert, um eine Dividendenzahlung aus dem laufenden Geschäft zu finanzieren. Die gute Nachricht für die Munich-Re-Eigentümer lautet: Der Versicherer hat 2020 mehr als genügend Mittel erwirtschaftet, um wie im Vorjahr gut 1,37 Milliarden Euro an seine Aktionäre auszuschütten.

Ausschlaggebend für die positive Entwicklung war auch die Zurückhaltung bei ansonsten üblichen Ausgaben: Auf ein Aktienrückkaufprogramm, das mit Ausnahme eines Jahres während der Finanzkrise in der Vergangenheit regelmäßig aufgelegt wurde, verzichtete der Konzern. „Unsere Aktionäre werden von Investitionen in die sich jetzt bietenden attraktiven Geschäftsmöglichkeiten stärker profitieren“, begründete Wenning diesen Schritt. Was auch bedeuten könnte, dass der Konzern derzeit eine gut gefüllte Kasse vorhält, um bei einer attraktiven Gelegenheit zuzukaufen. Noch ist davon allerdings nichts in Sicht.

Finanzkraft: Weitere Belastungen erwartet

Auch wenn die Pandemie in diesem Jahr zu weiteren spürbaren Belastungen führen würde, könnte die Munich Re das gut verkraften. Der Verschuldungsgrad des Konzerns ist im vergangenen Jahr zwar auf 15,1 gestiegen (von zwölf Prozent im Jahr 2019); dabei handelt es sich um das prozentuale Verhältnis des strategischen Fremdkapitals zur Summe aus Konzerneigenkapital und strategischem Fremdkapital. Grund dafür ist, dass das strategische Fremdkapital um 27,5 Prozent auf rund 5,3 Milliarden Euro gestiegen ist.

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Das Konzerneigenkapital ist während der Coronakrise nur um knapp zwei Prozent zurückgegangen. Der Konzern begründete das mit Belastungen durch eine niedrigere Rücklage aus der Währungsumrechnung, durch die Dividendenausschüttung und das Aktienrückkaufprogramm. Teilweise kompensiert werden konnten die Rückgänge aber durch das Konzernergebnis und die gestiegenen Bewertungsreserven der festverzinslichen Wertpapiere.

Konkurrenzvergleich: Kampf um die Spitze

Seit Jahren liefern sich Munich Re und Swiss Re ein Rennen um die Spitzenposition unter den Rückversicherern. Es ist erst zwei Jahre her, da zogen die Schweizer nach vorn. Das Corona-Jahr 2020 hat die Verhältnisse aber wieder in die andere Richtung gedreht – und zwar so deutlich, dass die Spitzenposition nun eindeutig ist. Zu unterschiedlich haben sich beide Häuser im vergangenen Jahr entwickelt.

So lag die Eigenkapitalrendite der Münchener trotz der großen Herausforderungen bei guten 5,3 Prozent, nach stolzen 11,7 Prozent ein Jahr vorher. Die Schweizer Konkurrenz hat mit minus 3,1 Prozent den Anschluss verloren, nachdem es im Jahr davor noch plus 2,5 Prozent waren. Am besten steht derzeit die Hannover Rück, die Nummer drei unter den Rückversicherern, mit einer Eigenkapitalrendite von 8,2 Prozent da. Ein Jahr davor waren es noch 13,3 Prozent.

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Um insgesamt 69 Prozent ist der Gewinn der vier großen Rückversicherer Munich Re, Swiss Re, Hannover Rück und SCOR im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2019 eingebrochen. Die Hannover Rück kam im Vergleich dazu glimpflich davon, der Gewinn von 883 Millionen Euro lag knapp ein Drittel unter den Zahlen vor der Pandemie.

Weitaus heftiger traf es die Swiss Re, die einen Verlust von 878 Millionen Dollar einfuhr, nachdem im Jahr davor noch ein Gewinn von 727 Millionen Dollar erzielt worden war. Allein 3,9 Milliarden Dollar mussten die Schweizer für Corona-bedingte Schäden zurückstellen.

Auch beim Weltmarktführer Munich Re hatte die Pandemie weit größere Folgen in der Bilanz. Der Gewinn war um knapp zwei Drittel auf 1,2 Milliarden Euro eingebrochen. Bei der französischen SCOR ging das Ergebnis um rund die Hälfte auf 234 Millionen Euro zurück.

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Obwohl die Branche im vergangenen Jahr einen deutlichen Gewinnrückgang hinnehmen musste, müssen sich Anleger nicht ernsthaft um sie sorgen. Zwar sind die Solvenzquoten, die die finanzielle Stärke messen, ausnahmslos zurückgegangen. Sie notieren jedoch überall noch bei Quoten über 200 Prozent. In einem Krisenszenario könnten die Rückversicherer somit mehr als das Doppelte der Schadenslast stemmen. Die Munich Re brachte es zum Jahreswechsel auf 208 Prozent, bei der Swiss Re waren es 215 Prozent und bei der Hannover Rück 235 Prozent.

Auch bei den Dividenden ragen die Rückversicherer im Vergleich zu anderen Branchen weiterhin heraus. 9,80 Euro je Aktie will die Munich Re wie im Vorjahr ausschütten. Swiss Re plant trotz Verlusten weiter mit 5,90 Franken. Bei der Hannover Rück fällt die Gesamtausschüttung dagegen geringer aus als im Vorjahr. Die Basisausschüttung steigt zwar von vier auf 4,50 Euro, eine Sonderausschüttung fällt diesmal allerdings weg. Im vergangenen Jahr standen hier noch 1,50 Euro je Aktie.

Der Blick nach vorn

Wenning blickt bereits auf die Zeit nach Corona: „In diesem Jahr werden wir wieder an die vor der Pandemie anvisierte Gewinnhöhe anknüpfen“, ist er sicher. In Zahlen bedeutet das einen Gewinn von 2,8 Milliarden Euro. Dazu soll besonders die Rückversicherung beitragen, deren Ergebnisbeitrag dann wieder in gewohnte Sphären von 2,3 Milliarden Euro ansteigen soll. Die restlichen 500 Millionen Euro sollen von der Ergo kommen.

Besonders der im vergangenen Jahr stark leidende Bereich Schaden- und Unfallversicherung innerhalb der Rückversicherung soll sich rasch erholen. Angepeilt ist eine Schaden-Kosten-Quote von 96 Prozent, nachdem 2020 hier noch verlustreiche 105,6 Prozent gestanden haben. 

Mehr: Munich Re verlängert Vertrag von Vorstandschef Wenning

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