Flutkatastrophe Ganz schnell, ganz simpel – Bund und Länder planen Soforthilfe in Höhe von 400 Millionen Euro

Viele Flutopfer sind für den Wiederaufbau auf finanzielle Hilfen angewiesen.
Brüssel, Berlin Bund und Länder wollen die von der Flutkatastrophe betroffenen Regionen mit 400 Millionen Euro Soforthilfe unterstützen. Über einen entsprechenden Entwurf aus dem Innen- und dem Finanzministerium verhandelten die Staatskanzleien am Dienstag. Am Mittwoch soll das Bundeskabinett die Hilfen beschließen. Bayern will allein 50 Millionen Euro bereitstellen, wie Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ankündigte.
Man werde alles daransetzen, „dass das Geld schnell zu den Menschen kommt“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei einem Besuch in der stark vom Hochwasser beschädigten Stadt Bad Münstereifel. „Ich hoffe, dass das eine Sache von Tagen ist.“
Die Soforthilfe sei „zur unmittelbaren Beseitigung von Schäden an Gebäuden und der Infrastruktur vor Ort sowie zur Überbrückung von Notlagen“ gedacht, heißt es in dem Entwurf, der der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt. Das Volumen von 400 Millionen Euro sollen je zur Hälfte Bund und Länder finanzieren.
Bis vor wenigen Jahren gab es noch einen Quasiautomatismus bei der Nothilfe. Versicherte, die gegen Hochwasser oder Starkregen nicht versichert waren, konnten in der Regel auf die Unterstützung des Staates zählen.
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Bayern beispielsweise hatte aber seine Richtlinie zur Gewährung von Nothilfen Mitte 2019 auslaufen lassen. Nur in Härtefällen sollte künftig noch eine Ausnahme gemacht werden. Auch in Nordrhein-Westfalen und Sachsen wird staatliche Unterstützung eigentlich nur noch ausnahmsweise und unter Auflagen gewährt.
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Denn bereits 2017 hatte sich die Ministerpräsidentenkonferenz darauf verständigt, Soforthilfen nur noch an jene auszuzahlen, die sich vergeblich um Versicherungsschutz bemüht hatten oder denen ein Versicherungsangebot wegen zu hoher Kosten nicht zumutbar gewesen wäre. Hintergrund des Beschlusses waren die hohen Summen, die die Länder nach Naturkatastrophen in den Vorjahren aufgewendet hatten.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), der gemeinsam mit Merkel das Katastrophengebiet besuchte, betonte nun aber: „Die Formulare und die Anträge müssen ganz simpel sein, ganz einfach sein. Und sie sollen noch in dieser Woche fertig sein, damit recht bald das Auszahlen der ersten Gelder beginnen kann.“
Zusätzlich zu eigenen Geldern will die Bundesregierung auch bei der Europäischen Union um Finanzhilfe nachsuchen. Dafür sollen Mittel aus dem EU-Solidaritätsfonds beantragt werden, der für solche Katastrophenlagen gedacht ist. Deutschland hat aus diesem Fonds seit 2002 insgesamt eine Milliarde Euro erhalten, zur Bewältigung der Folgen von drei Hochwassern und des Sturms „Kyrill“.
Der Wiederaufbau dürfte viele Milliarden kosten
„Von Naturkatastrophen betroffene Regionen stehen in der EU nicht allein da”, sagte die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katharina Barley (SPD). Die EU-Kommission solle den deutschen Antrag eilig bearbeiten.
Barley sprach sich dafür aus, Umweltkatastrophen besser vorzubeugen. „Mit Blick auf das unermessliche menschliche Leid und die materiellen Schäden und Kosten ist die unmittelbare Nachsorge nicht genug.” Anpassungsmaßnahmen könnten auch über die EU-Regionalförderung finanziert werden.
Merkel kündigt finanzielle Hilfe vom Bund für Hochwasserschäden an
Deutlich teurer als die Soforthilfe wird der spätere Wiederaufbau in den betroffenen Regionen. Bei ihrem Besuch in Bad Münstereifel kündigte Merkel einen Wiederaufbaufonds an, an dem sich auch die Länder beteiligen sollen. Nach dem Hochwasser an Elbe und Donau, das 2013 acht Bundesländer betraf, hatte die Bundesregierung einen Fluthilfefonds über acht Milliarden Euro aufgelegt.
Wie die Nachrichtenagentur Reuters aus Regierungskreisen erfuhr, rechnet allein die Deutsche Bahn (DB) mit Schäden in Höhe von mindestens 1,3 Milliarden Euro. „Allein sieben Regionalverkehrsstrecken sind so stark von den Wassermassen zerstört, dass die DB sie neu bauen oder umfangreich sanieren muss“, teilte der Staatskonzern am Dienstag mit. Insgesamt seien 600 Kilometer Gleise betroffen, hauptsächlich für den Nahverkehr.
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